Die Motive von Betrügern haben sich den Experten zufolge im Laufe der Zeit kaum verändert – ihre Methoden hingegen schon. Internet und Digitalisierung führten zu neuen Betrugsformen und vereinfachten die Informationsbeschaffung für die Täter. Mit wenigen Klicks könne man sich zum Beispiel in Internetforen darüber informieren, wie eine Schadenmeldung so glaubhaft formuliert werden könne, dass der vermeintliche Schaden von einer Versicherung bezahlt werde.
Die Betrugsabwehr der Versicherer hat darauf reagiert, beispielsweise durch die Weiterentwicklung von Software zur Erkennung von Betrugsindizien oder den Einsatz speziell geschulter Mitarbeiter. Die Bildforensik gewinne bei der Betrugsabwehr immer mehr an Bedeutung. Denn Betrüger könnten mit Bildbearbeitungsprogrammen digitale Fotos manipulieren oder im Internet kursierende Bilder nutzen.
Versicherungen arbeiten auch an KI-Lösungen, wodurch eine noch bessere Unterstützung der Betrugsabwehr ermöglicht wird. Unabhängig erster KI-Ansätze erkennen die Mitarbeiter der Betrugsabwehr Auffälligkeiten, die von einer Software bislang noch nicht erkannt werden. Allein durch eine Plausibilitätsprüfung kann häufig schon festgestellt werden, ob sich der Schaden tatsächlich so ereignet hat, wie er geschildert wurde. Wenn es Abweichungen zwischen der gemeldeten Schadenhöhe und dem tatsächlichen Wert der beschädigten Gegenstände gibt, wird dies der geschulte Mitarbeiter erkennen.
Der Anfangsverdacht
Am Beginn jeder Ermittlung steht zunächst ein Verdacht des Sachbearbeiters. Diesen Verdacht gilt es zu erhärten oder zu entkräften. Bereits auf Grundlage der eingehenden Unterlagen kann die Versicherung prüfen, ob es sich um einen „normalen“ Schadenfall oder einen sogenannten „Prüffall“ handelt. Grundsätzlich gilt es in einem ersten Schritt die eingereichten Unterlagen sowie den geschilderten Schadenhergang zu prüfen. Kommt es hierbei zu Auffälligkeiten, z. B. wenn die Schilderung des Schadens im Vergleich zum Schadenbild nicht plausibel ist, entsteht ein Anfangsverdacht für einen möglichen Betrugsfall.
Der konkrete Verdacht
Erweist sich ein Verdacht als konkret, bleiben dem Sachbearbeiter weitere spezielle Aspekte zu prüfen, zum Beispiel:
- Ist die Fallschilderung plausibel?
- Sind Schaden und Objekt kompatibel?
- Wie steht es um die finanzielle Situation des Versicherungsnehmers?
Auch gehört es zu den Standardprüfungen, die Rechnung auf eventuelle Ungereimtheiten zu untersuchen. Unter anderem sind folgende Aspekte wichtig:
- Sind die Pflichtangaben korrekt?
- Existiert der angegebene Hersteller einer beschädigten Sache?
- Handelt es sich um eine Originalrechnung des Verkäufers?
Mit speziellen Farb- und lnfrarot-Video-Bildsystemen können Fälschungen oder Veränderungen an Dokumenten erkennbar gemacht werden. Durch eine integrierte Software können die Untersuchungsergebnisse dokumentiert werden.
Aufklärung und Pflichten
Für den Versicherer ergeben sich im Betrugsfall folgende Möglichkeiten: Er kann den Betrugsfall zur Anzeige bringen und auf Grundlage des geltenden Rechts das Verfahren gegen den mutmaßlichen Betrüger bestreiten – zum Schutz der vielen ehrlichen Kunden. Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer jede zumutbare Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens sowie über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten. Er ist etwa verpflichtet:
- ausführliche und wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten,
- alle Tatumstände mitzuteilen,
- alle nach Ansicht des Versicherers für die Beurteilung des Schadensfalls erheblichen Schriftstücke und Belege beizubringen.