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Dossier: Finanzielle Bildung

Wie teuer ist ein Kredit? Wie funktioniert die Altersvorsorge? Und welche Versicherungen sind wichtig? Fragen wie diese bestimmen das ganze Leben. Doch nicht alle Menschen fühlen sich in Finanzangelegenheiten sicher. Ein breites gesellschaftliches Bündnis setzt sich dafür ein, die finanzielle Bildung zu stärken. Die Versicherer unterstützen diese Initiative.

26.09.2024
Aktuelle Situation

Ökonomische Bildung mangelhaft Link kopieren

Ein gutes Finanzwissen zählt zu den Kernkompetenzen. Denn egal ob Rente, Mietvertrag, Kredite, Versicherungen, Anlageprodukte oder Altersvorsorge –  im Laufe seines Lebens muss jeder Mensch unzählige wirtschaftliche und finanzielle Entscheidungen treffen. Eine gute finanzielle Bildung stärkt zunächst einmal das Zutrauen in sich selbst, um komplexe Themen wie beispielsweise die Altersvorsorge überhaupt anzugehen. Sie trägt darüber hinaus dazu bei, dass alle Verbraucher unterschiedliche Angebote miteinander vergleichen oder Risiken besser einschätzen können. Gutes Finanzwissen ist somit die Basis für einen wirksamen Verbraucherschutz.

So bedeutend das Thema ist, so wenig Beachtung findet es hierzulande im Unterricht. Nur wenige Bundesländer haben bislang Wirtschaft als eigenes Schulfach im Unterricht verankert. Auch die Lehrer sind häufig kaum geschult.

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Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) attestiert Deutschland dennoch eine überdurchschnittliche Finanzkompetenz. In einem Test zur Messung des Finanzwissens, des Finanzverhaltens und der Einstellungen von Erwachsenen zum Thema Finanzen erreichten die OECD-Länder  durchschnittlich 63 von 100 Punkten, während Deutschland auf 76 Punkte kam. Die Durchschnittswerte kaschieren jedoch die zum Teil großen Unterschiede in der Bevölkerung. So weisen Menschen mit geringem Bildungs- und Einkommensniveau auch ein unterdurchschnittliches Finanzwissen auf. Außerdem wissen Frauen eher weniger Bescheid als Männer, sie schätzen zugleich auch ihre Finanzkompetenz niedriger ein.

Politische Perspektive

Politik plant nationale Finanzbildungsstrategie Link kopieren

Die Bundesregierung hat 2023 eine neue Initiative gestartet, mit der sie die finanzielle Bildung in der breiten Bevölkerung verbessern will. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) geht es nicht nur darum, die Allgemeinbildung insgesamt zu verbessern. Sie sieht in der Stärkung des Finanzwissens auch „eine Frage der Chancengerechtigkeit“. So belegen Studien beispielsweise, dass Menschen mit geringem Bildungsstand auch weniger für ihr Alter vorsorgen als Menschen mit hohem Bildungsabschluss – obwohl sie eine ergänzende Vorsorge auch aufgrund ihrer schlechteren Einkommenssituation am dringendsten brauchen.

Das Kalkül der Politik ist aber noch ein anderes: So kann eine höhere Finanzkompetenz auch dazu führen, dass sich die Menschen stärken am Kapitalmarkt engagieren und beispielsweise mehr in Aktien investieren, sei es direkt oder indirekt. So steht den hiesigen Unternehmen mehr Kapital für Investitionen und ihr Wachstum zur Verfügung – was sich letztlich positiv auf den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt auswirken kann. Und wenn mehr Menschen die Chancen des Kapitalmarkts für sich nutzen, beugen sie damit auch der Altersarmut vor. Das nutzt dem Staat am Ende auch, weil er weniger Sozialausgaben hat. 

Die OECD hat für die Bundesregierung jüngst Vorschläge für eine nationale Finanzbildungsstrategie erarbeitet, die die Bundesregierung noch 2024 vorstellen will. Zu den Vorschlägen der OECD zählen zum Beispiel die Einrichtung einer nationalen, zentralen Koordinationsstelle oder Informationskampagnen, wie sie beispielsweise auch der GDV mit seiner Altersvorsorge-Initiative „Lebenslang gut leben“ durchführt. Ein ähnliches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit der Plattform www.mitgeldundverstand.de, die ein Baustein ihrer Finanzbildungsstrategie ist. Dort können Interessierte zahlreiche Angebote zu Finanzthemen finden.

Welche Maßnahmen die Bundesregierung noch umsetzen will, bleibt abzuwarten. In einem wichtigen Punkt schränkt der Föderalismus ihren Handlungsspielraum ein. Bildung ist Ländersache. Eine stärkere Verankerung ökonomischer Lerninhalte in den Schulen müsste von den jeweiligen Landesregierungen angegangen werden.

Branchenperspektive

Versicherer unterstützen Stärkung der Finanzbildung Link kopieren

Die Versicherungswirtschaft sieht ihre Kunden als mündige Bürger, die ihre Entscheidungen selbstbestimmt und in eigener Verantwortung treffen. Gleichzeitig erkennt die Branche aber auch, dass das Bild von Verbrauchern nach den Erfahrungen der Praxis so nicht zutrifft, nämlich dass die Verbraucher bei allen Nachfrageentscheidungen gleichermaßen kompetent sind, wenn ihnen nur ausreichende Informationen vorliegen. 

Aus dem Grund halten auch die Versicherer eine Stärkung des finanzwirtschaftlichen Basiswissens für nötig. Bereits in seinem 2017 verabschiedeten Verbraucherleitbild hat sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) für eine höhere Priorisierung von Wirtschafts- und Finanzthemen in den Schulen ausgesprochen. Die Schlüsselqualifikationen müssen noch intensiver vermittelt und die Menschen dazu befähigt werden, Bedarfe eigenständig und frühzeitig zu erkennen. Denn Eigeninitiative setzt das Wissen über die Notwendigkeit voraus, wie auch GDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger betont. 

„Wer nicht weiß, warum die private Altersvorsorge wichtig ist und wie sie funktioniert; wer keine Ahnung davon hat, welche existenziellen Risiken im Leben drohen und wie man sie schließt, der wird sich eben auch nicht darum kümmern.“
Dr. Norbert Rollinger, GDV-Präsident

Die Versicherungswirtschaft begrüßt, dass einige Bundesländer die finanzielle Verbraucherbildung in den Lehrplänen bereits stärker berücksichtigen. Wünschenswert wäre, wenn weitere Bundesländer diesem Beispiel folgen würden. Denn die Schule ist – neudeutsch – der entscheidende Touchpoint: Sie steht für Qualität, Neutralität und Relevanz. Und sie setzt zum richtigen Zeitpunkt an: vor dem Start ins Berufsleben, der idealerweise auch den Start in die Altersvorsorge markieren sollte und ab dem auch Fragen zur Absicherung verschiedener Lebensrisiken relevant werden.

Die Versicherer begreifen die Stärkung der finanziellen Bildung in Deutschland aber auch als Bestandteil ihrer eigenen Verantwortung gegenüber Verbrauchern und Gesellschaft. So engagiert sich der GDV beispielsweise im Bündnis für Ökonomische Bildung (BöB) und unterstützt mit einem Finanzbildungspreis Initiativen und Personen, die sich für diese Ziel engagieren. Darüber hinaus erstellen einige Versicherer selbst Bildungsangebote, mit denen sie Schulen und Lehrkräfte unterstützen.

Verbraucherperspektive

Desinteresse mündet in Vorsorgelücken Link kopieren

Das mangelhafte Wissen der Deutschen über Wirtschaft und Finanzen mündet in ein ziemliches Desinteresse an dem Thema, wie Umfragen immer wieder belegen. Bei einer aktuellen Befragung des Bankenverbandes aus dem Jahr 2024 gab lediglich jeder Zehnte (12 Prozent) an, sich „sehr stark“ für Geld und Finanzen zu interessieren – ein weiteres Fünftel (22 Prozent) immerhin noch „stark“. Gegenüber 2014 ist das Interesse der Menschen sogar etwas zurückgegangen.

Die fehlende Bereitschaft, sich mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen, führt dann eben auch zu Vorsorgelücken: So haben laut einer Auswertung des Bundesarbeitsministeriums von 2019 – jüngere Zahlen gibt es nicht – rund 35 Prozent der Beschäftigten weder eine betriebliche noch eine private Altersvorsorge. Obwohl den allermeisten inzwischen klar sein dürfte, dass mit der gesetzlichen Rente allein der Lebensstandard im Alter kaum zu halten ist. Auch bei der Absicherung existenzieller Risiken gibt es bedenkliche Versäumnisse. So gilt eine private Haftpflichtversicherung gemeinhin als ein Muss, dennoch besaß 2019 nach Daten des Statistischen Bundesamtes knapp jeder fünfte Haushalt (17,2 Prozent) keine solche Police. Und wie auch bei der Altersvorsorge gilt: Je niedriger der Bildungsstand, desto geringer die Verbreitung der Produkte.

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Inzwischen ist auch die Mehrheit der Bevölkerung dafür, dass Wirtschaft- und Finanzthemen in der Schule eine größere Rolle spielen sollten. In der Befragung des Bankenverbandes sprachen sich mehr als zwei Drittel der Menschen dafür aus. Die Schule wird als Vermittler von Finanzwissen auch deshalb immer wichtiger, weil durch das veränderte Mediennutzungsverhalten etablierte Informationskanäle wie Fachmagazine und Ratgeber an Bedeutung verlieren. Gerade junge Leute informieren sich zunehmend über Social-Media-Kanäle – wo sie auch viele Finanzbildungsangebote finden. Das ist einerseits erfreulich, weil die Auseinandersetzung mit dem Thema mitunter schon recht früh beginnt. Andererseits gibt es gerade auf solchen Kanälen viele ungeprüfte oder gar unseriöse Inhalte.

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