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Dossier: Betriebliche Altersversorgung (© Unsplash / Scott Blake)

Dossier: Betriebliche Altersversorgung

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist ein effizientes Instrument der Alterssicherung. Steuerlich begünstigt und vom Arbeitgeber bezuschusst, bauen Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer damit eine Zusatzrente auf. Das Potenzial der bAV ist aber bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

06.02.2024
Statistische Perspektive

Verbesserungsbedarf notwendig Link kopieren

Die betriebliche Altersversorgung (bAV), mit der Beschäftigte über ihren Betrieb eine zusätzliche Rente aufbauen können, hat in den vergangenen Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen. So stieg die Zahl der aktiven Anwartschaften seit der Rentenreform 2001 von knapp 14,6 auf rund 21,2 Millionen (Stand: 2021). Zuletzt sorgte 2018 das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) für neue Impulse. Es enthält bessere Fördermöglichkeiten, die insbesondere Geringverdienern zugutekommen, und es erlaubt den Arbeitgebern, im Rahmen des sogenannten Sozialpartnermodells eine reine Beitragszusage zu vereinbaren statt einer garantierten Rente. Drei Sozialpartnermodelle auf tarifvertraglicher Basis sind inzwischen gestartet.

So gut sich die sogenannte 2. Säule der Altersversorgung auch entwickelt hat, es gibt dennoch Verbesserungsbedarf. So ist die Verbreitungsquote der bAV seit 2015 leicht gesunken, weil der Markt nicht so stark zugelegt hat wie die Zahl der Beschäftigten. Und rund 21 Millionen Anwartschaften bedeuten eben auch, dass knapp die Hälfte (46 Prozent) der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hierzulande noch immer keine betriebliche Altersversorgung besitzt – die Auszubildenden herausgerechnet. Lücken bestehen vor allem bei klein- und mittelständischen Betrieben, die seltener eine betriebliche Altersversorgung anbieten als große Konzerne. Generell ist auch im Osten Deutschlands die bAV weniger verbreitet als im Westen.

Für Reformdruck sorgt auch das schwierige Kapitalmarktumfeld. Ungeachtet des jüngsten Zinsanstiegs ist es sowohl für die Arbeitgeber als auch die externen Versorgungsträger schwieriger geworden, die in der Vergangenheit zugesagten Leistungen zu erwirtschaften. Als Hemmschuh entpuppt sich dabei vor allem die zum Teil geltende gesetzliche Vorgabe des vollständigen Erhalts der zugesagten Beiträge zu Rentenbeginn. Daraus resultiert eine zwar sichere, aber eben auch weniger renditestarke Kapitalanlage - und letztlich geringere Renten.

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Politische Perspektive

Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung ausbauen Link kopieren

Die Politik hat erkannt, dass Betriebsrenten ein effizientes und – über Gruppentarife – auch kostengünstiges Instrument sind, um Menschen in großer Zahl zu einer zusätzlichen Absicherung zu verhelfen – ergänzend zur gesetzlichen Rente. Sie sieht aber auch, dass das Potenzial noch nicht ausgereizt ist. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP daher auch auf eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung verständigt. So soll es den bAV-Anbietern erleichtert werden, das Geld der Sparer in Kapitalanlagen mit höheren Renditechancen zu investieren. Insbesondere soll das Sozialpartnermodell eine stärkere Verbreitung finden. Eine Reform des Betriebsrentenstärkungsgesetz ist für 2024 angekündigt. 

Branchenperspektive

Rahmenbedingungen verbessern – für alle Durchführungswege Link kopieren

Für die Assekuranz hat die betriebliche Altersversorgung einen hohen Stellenwert. Über Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds ist der Sektor in verschiedene Durchführungswege der bAV direkt eingebunden. Zusammen mit den Rückdeckungen, die Betriebe zur Absicherung der von ihnen gewährten Ansprüche nutzen – kommen die Versicherer auf mehr als 16 Millionen Verträge – und sind damit eine zentrale Stütze des Systems.

Aus Sicht der Lebensversicherer ist eine regelmäßige Anpassung und Verbesserung der Rahmenbedingungen unerlässlich, um die Attraktivität der bAV zu erhalten und weiter zu erhöhen. Das betrifft etwa den Abbau von Komplexität, Nachbesserungen bei der Förderung von Geringverdienern oder die freiwillige Einführung sogenannter Opt-out-Modelle, mit denen Arbeitnehmer automatisch in die bAV eingebunden werden können – sofern sie nicht ausdrücklich widersprechen.

Die Stärkung der bAV sollte jedoch immer alle Durchführungswege in den Blick nehmen und sich nicht auf einzelne Varianten wie das Sozialpartnermodell beschränken. Eine reine Fokussierung auf das Sozialpartnermodell wäre mit Blick auf die bestehenden Versorgungslücken wenig erfolgversprechend, da klein- und mittelständische Betriebe (KMU) eben häufig nicht tarifgebunden sind. Um die Ertragschancen in der bAV zu verbessern, sollten daher die für bestimmte Zusagearten gesetzlich festgeschriebenen Garantieanforderungen so flexibilisiert werden, dass es auch anderen Durchführungswegen in der bAV erleichtert wird, über lange Zeiträume bei begrenzten Risiken eine höhere Rendite zu erzielen. Insbesondere die Direktversicherung ist hier für KMU aufgrund ihrer haftungs- und verwaltungsarmen Ausgestaltung die erste Wahl.

Verbraucherperspektive

Die Ansprüche wachsen Link kopieren

Dass die gesetzliche Rente allein nicht ausreicht, um den Lebensstandard im Alter zu halten, ist den meisten Menschen bewusst. Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern haben die bAV in ihre Lebens- und Vermögensplanung einbezogen. Und sie verlassen sich darauf, dass die für die Zukunft abgegebenen Leistungszusagen unangetastet bleiben. Überlegungen, hier neue gesetzliche Eingriffsmöglichkeiten einzuführen, um die begrenzten Budgets der Arbeitgeber für bAV im Sinne einer vermeintlichen Generationengerechtigkeit neu zu verteilen, sind abzulehnen. Sie würden dieses wichtige Vertrauen beschädigen.

Generationengerechtigkeit heißt stattdessen, möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die bAV einzubeziehen. Zumal der Druck von „unten“ ohnehin zunimmt. Angesichts des demografischen Wandels – verbunden mit einer sinkenden Zahl an Erwerbstätigen – wird sich der Konkurrenzkampf um Fachkräfte in Zukunft verschärfen. In dieser Situation fällt es qualifizierten Bewerbern leichter, eigene Ansprüche durchzusetzen, sei es in Bezug auf die Arbeitszeitgestaltung oder auch die Entlohnung. Eine attraktive Vergütung, die eine Betriebsrente mit beinhaltet, wird daher auch für die Firmen ein immer wichtigeres Instrument der Personalgewinnung und -bindung.