Rauchen kostet bis zu sieben Lebensjahre
Zigaretten, zu viel Alkohol oder kaum Bewegung: Die Deutschen verlieren durch ungesundes Verhalten wertvolle Lebenszeit. Wieviel genau, das zeigt eine aktuelle Studie des Erasmus-Universitätsklinikums in Rotterdam im Auftrag des GDV.
Tabakkonsum ist für die Lebenserwartung am schädlichsten. Ein aktiver männlicher Raucher hat knapp sieben Jahre weniger zu leben als jemand, der nie eine Zigarette angerührt hat. Bei Frauen beträgt der Unterschied fast sechs Jahre. Das zeigt eine neue Studie des Erasmus-Universitätsklinikums in Rotterdam im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Die Forscher ermittelten, wie stark sich gesundheitsschädliches Verhalten auf die Lebenserwartung in Deutschland auswirkt, sowohl individuell als auch – erstmals ermittelt – bezogen auf die Gesamtbevölkerung.
Zweitgrößtes Risiko ist demnach Fettleibigkeit. Männer mit einem Body-Mass-Index von mehr als 30 verlieren gegenüber Normalgewichtigen rund fünf Jahre, bei Frauen liegt das Minus bei gut vier Jahren. Starke Trinker, die mehr als 45 Gramm Alkohol pro Tag konsumieren, büßen je nach Geschlecht etwa 2,6 bis drei Jahre ein.
„Rauchen, Fettleibigkeit und starker Alkoholkonsum senken die individuelle Lebenserwartung erheblich“, sagt Studienleiterin Wilma J. Nusselder. Die Vermeidung solcher Gesundheitsrisiken läge in der Verantwortung jedes Einzelnen, erfordere aber auch die Unterstützung des Staates. „Helfen könnten beispielsweise Rauchverbote auf öffentlichen Plätzen oder eine höhere Besteuerung von Alkohol“, so Nusselder.
Verlust an Lebenserwartung in Jahren (jeweilige Risikogruppe*) | ||
Risikofaktor* | Männer | Frauen |
Rauchen
| 2,45 6,85 | 2,10 5,86 |
Übergewicht/Fettleibigkeit
| 1,02 5,01 | 0,88 4,34 |
Alkoholkonsum
| 0,67 3,01 | 0,58 2,61 |
Körperliche Inaktivität (weniger als 2,5 h Bewegung pro Woche) | 2,47 | 2,10 |
Übermäßiges Fernsehen (mindestens 2 Stunden pro Tag) | 2,02 | 1,75 |
Mangelnder Obst- oder Gemüseverzehr (weniger als einmal pro Tag) | 1,96 | 1,70 |
Soziale Isolation (weniger als ein Kontakt pro Woche) | 0,95 | 0,82 |
* im Vergleich zu einer Vergleichsperson ohne dieses Risiko Quelle: Erasmus-Universitätsklinikum Rotterdam |
Untersuchung basiert auf Auswertung von Meta-Studien
Für die Analyse werteten sie und ihr Team zunächst Metastudien aus, die für bestimmte Verhaltensweisen ein höheres Sterberisiko belegen. Die Werte verknüpften sie dann mit der allgemeinen Sterblichkeitsrate in Deutschland. Um den Effekt auf die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung (Männer: 78,1 Jahre; Frauen: 83 Jahre) zu bestimmen, ermittelten sie zusätzlich, wie stark die relevanten Risikofaktoren hierzulande verbreitet sind, also wie viele Deutsche beispielsweise rauchen oder übergewichtig sind. Dafür nutzten sie Daten des European Social Survey.
Mit Blick auf die Gesamtbevölkerung fallen die Faktoren weniger ins Gewicht, weil Personen ohne diese Risiken mitberücksichtigt werden. So raubt Rauchen deutschen Männern durchschnittlich 2,7 und Frauen 1,5 Jahre. Und aufgrund zu vieler Kilos verlieren Männer im Schnitt rund 1,7 und Frauen etwa 1,4 Jahre. Die Qualität der Zahlen sei jedoch etwas unsicher, das gelte vor allem für die Folgen des Trinkens, so Nusselder. „Umfragen unterschätzen eher das Ausmaß des Alkoholkonsums in der Bevölkerung. Dies wirkt sich auch auf die Folgen für die durchschnittliche Lebenserwartung aus.“
Verlust an Lebenserwartung in Jahren (Gesamtbevölkerung*) | ||
Risikofaktor* | Männer | Frauen |
Rauchen (ehemalige und aktive, inklusive Gelegenheitsraucher) | 2,66 | 1,53 |
Übergewicht/Fettleibigkeit (Body-Mass-Index von mindestens 25) | 1,65 | 1,37 |
Körperliche Inaktivität (weniger als 2,5 Stunden moderate Bewegung pro Woche) | 1,14 | 0,78 |
Mangelnder Obst- oder Gemüseverzehr (weniger als einmal pro Tag) | 0,91 | 0,57 |
Soziale Isolation (weniger als ein Kontakt pro Woche) | 0,59 | 0,44 |
Übermäßiges Fernsehen (mindestens 2 Stunden pro Tag) | 0,90 | 0,62 |
Alkoholkonsum (mindestens 25 Gramm pro Tag) | 0,30 | 0,04 |
* Werte für Deutschland, Bevölkerung ab 15 Jahren Quelle: Erasmus-Universitätsklinikum Rotterdam |