Wo Deutschland am schnellsten altert
Der demografische Wandel verändert das gesamte Land, doch nicht überall im selben Tempo. Zwischen den Extremen liegen nur wenige Kilometer.
Geografisch sind sie quasi Nachbarn. Nur gut eine Stunde braucht man auf der A73 von Suhl nach Bamberg. Demografisch jedoch liegen Welten zwischen den Städten.
In keiner anderen Region ist die Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren so rasant gealtert wie in Suhl. Seit dem Jahr 2000 stieg der Anteil der über 65-Jährigen an der Bevölkerung von 15,4 auf 33,3 Prozent. Im nur 100 Autobahnkilometer entfernten Bamberg schrumpfte der Anteil der Bürger im Rentenalter im selben Zeitraum sogar: von 20,6 auf 19,7 Prozent. Damit stehen die Franken am anderen Ende der Alterungsskala, die die Initiative „7 Jahre länger“ auf Basis von Zahlen der Landesstatistikämter aus allen 401 Kreisen in Deutschland erstellt hat.
„Suhl hatte nach der Wende mit einem dramatischen Abbau von Arbeitsplätzen zu kämpfen“, sagt Frank Ullrich (SPD), der die Region im Bundestag vertritt. Der gebürtige Thüringer hat es miterlebt: Erst verschwanden die Jobs, dann die jungen Menschen. Die Alten blieben – und machen heute einen größeren Anteil in der von mehr als 56.000 auf 33.400 Einwohner geschrumpften Stadt aus. Bamberg dagegen wächst. „Die Achse Bamberg — Erlangen ist eine Boomregion“, sagt der örtliche Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn (CSU). „Junge Leute bleiben oft nach ihrem Studium hängen.“
Dass sogenannte Schwarmstädte wie Bamberg oder Regensburg mit ihren Universitäten junge Leute anziehen, beobachtet Klaus Friedrich schon länger. „Das ist ein durchgängiges Muster, nicht nur in Bayern“, sagt der Professor für Sozialgeografie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Viele ländliche Regionen dagegen bluten aus, vor allem im Osten. „Aufhalten kann man diese Entwicklung nicht, man kann sie aber gestalten“, so Friedrich. So biete der notwendige Umbau der Infrastruktur durch den demografischen Wandel auch Chancen. So soll in Suhl demnächst ein neues Pflegeheim mit 115 Plätzen für betagte Menschen entstehen – und rund 60 neue Arbeitsplätze schaffen.
Text: Robert Otto-Moog