Zur Suche
Mobilität

75 Jahre „Grüne Versicherungskarte“ – gut versichert Grenzen überwinden

Einfach ins Auto steigen und gen Süden fahren – so haben auch in diesem Jahr viele Deutsche ihren Sommerurlaub begonnen. Sie wissen: Um ihren Versicherungsschutz müssen sie sich bei einem Autounfall im Urlaubsland oder auf dem Weg dahin keine Sorgen machen. Denn dank des Grüne-Karte-Systems gilt die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung aktuell in 48 Staaten.

Lesedauer
© Teodorik Mensl / unsplash

Was für den Einzelnen einfach wirkt, ist ein täglicher administrativer Kraftakt: Das Grüne-Karte-System unter dem Dach des Council of Bureaux (COB) umfasst heute rund 1.500 Versicherer und bis zu 500 Millionen Fahrzeuge in Europa, Teilen Nordafrikas und des Nahen Ostens. Die Mitglieder des COB bearbeiten rund 375.000 grenzüberschreitende Unfälle pro Jahr – mehr als 1.000 täglich. “Was vor 75 Jahren als Idee begann, sichert heute unzählige Reisen und Transporte und hat Millionen Menschen nach grenzüberschreitenden Verkehrsunfällen geholfen”, sagt Sandra Schwarz, Präsidentin des COB.

Die Vision vor 75 Jahren: Grenzen überwinden, Opferschutz verbessern

Was heute selbstverständlich ist, war bis in die 1950er-Jahre noch kompliziert und teuer. Bei jeder Einreise in ein anderes Land mussten Autofahrer eine sogenannte Grenzversicherung abschließen. Diese galt nur für das Land, in der sie abgeschlossen wurde. Lediglich Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden hatten schon vor dem Zweiten Weltkrieg ein System der grenzüberschreitenden Kfz-Versicherung geschaffen – und damit das Vorbild des heutigen Grüne-Karte-Systems.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgten 14 europäische Staaten ab 1949 – damals noch ohne Deutschland – eine gemeinsame Vision: Sie wollten den grenzüberschreitenden Straßenverkehr erleichtern sowie Unfallopfern schnell und problemlos zu Entschädigungen verhelfen. Dafür sollten die Grenzversicherungen durch ein einheitliches Dokument ersetzt werden, das in allen teilnehmenden Ländern als Nachweis einer Kfz-Versicherung akzeptiert würde.

Um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen, gründeten sie das COB, schlossen Abkommen zwischen den nationalen Grüne-Karte-Büros und entwickelten ein “Internationales Kfz-Versicherungszertifikat", das auf grünem Papier gedruckt werden sollte: Die “Grüne Versicherungskarte”. 1953 konnte das Grüne-Karte-System in insgesamt 19 Ländern endlich starten – später auch in der Bundesrepublik.

Von Grenzkontrollen zum Kennzeichenabkommen

Das Grüne-Karte-System wurde schnell zu einer Erfolgsgeschichte. Das Gebiet wuchs ständig – mit dem Gründungsmitglied Tschechoslowakei und der Aufnahme von Polen, Ungarn und Rumänien in den 50er- und 60er-Jahren auch jenseits des „Eisernen Vorhangs“. Aber vor allem in der Europäischen Union wurde der grenzüberschreitende Verkehr immer einfacher, passierten immer mehr Autos die Grenzen. Mussten die Grünen Karten in den ersten Jahren noch bei jedem Grenzübertritt vorgezeigt werden, entfielen diese Kontrollen nach und nach. Stattdessen erkannten immer mehr Länder gegenseitig die nationalen Kennzeichen als Versicherungsnachweis an. Seit 1991 gilt diese Regelung durch das so genannte Kennzeichenabkommen in 39 Mitgliedsstaaten, darunter in allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums. Hier müssen Autofahrer die Grüne Karte nicht mehr dabeihaben, sondern sind über ihre Autokennzeichen automatisch durch das Grüne-Karte-System geschützt.

Die grüne Versicherungskarte wird weiß - und ab 2025 auch digital

Seit 2021 wird die “Grüne Versicherungskarte” nur noch auf weißem Papier ausgestellt. Die neue Farbe hat Vorteile für Versicherer und Autofahrer: Die Versicherer können die neue Karte in digitaler Form einfach als PDF verschicken, der Kunde kann sie dann zuhause selbst ausdrucken. Bis dahin kamen die Grünen Karten entweder per Post oder mussten in den Büros der Versicherer abgeholt werden. Noch einfacher wird es ab 2025: Dann verschwindet auch die bislang noch verpflichtende Papierform. Stattdessen reicht es aus, ein PDF auf dem Smartphone dabeizuhaben – an der Bezeichnung als “Grüne Karte” ändert sich aber auch nach 75 Jahren nichts.

Über das Council of Bureaux (COB)

Das COB ist die internationale Dachorganisation des Grüne-Karte-Systems sowie der nationalen Entschädigungsstellen und Garantiefonds. Die nationalen Entschädigungsstellen sichern die Ansprüche der Unfallopfer ab, wenn die grenzüberschreitende Regulierung eines Schadens innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums auf regulärem Weg gescheitert ist. Die nationalen Garantiefonds entschädigen Verkehrsopfer nach Unfällen mit unversicherten Fahrzeugen, bei Fahrerflucht mit schweren Personenschäden und in einigen Staaten, zum Beispiel Deutschland, wenn das Fahrzeug vorsätzlich als Waffe missbraucht wurde. Das COB umfasst derzeit 60 Mitgliedsorganisationen aus 48 Nationen.

Zur Person

  • Sandra Schwarz
    Präsidentin des Council of Bureaux

    Sandra Schwarz wurde 2020 als Präsidentin des COB gewählt, das damit erstmals in seiner Geschichte von einer Frau geleitet wird. Schwarz ist seit 2015 Geschäftsführerin des deutschen Büros Grüne Karte sowie der Verkehrsopferhilfe, die in Deutschland als Entschädigungsstelle, Garantie- und Insolvenzfonds fungiert. Auch in dieser Position ist sie die erste Frau an der Spitze. Die Juristin ist seit 2002 für die Verkehrsopferhilfe tätig. Davor arbeitete sie in der Abteilung Kraftfahrtversicherung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Fragen und Antworten zur Grünen Versicherungskarte

  • Was ist die Grüne Versicherungskarte und wozu brauche ich sie?

    Auf gut Amtsdeutsch heißt die Grüne Karte „Internationale Versicherungskarte für den Kraftverkehr“. Sie dient bei Fahrten ins Ausland als Nachweis, dass das Auto Kfz-haftpflichtversichert ist. In einigen Ländern muss die internationale Versicherungskarte bei der Einreise vorlegt werden – sie sollte auf Reisen ins Ausland also immer dabei sein. Bei einem Unfall im Ausland kann sie die Regulierung des Schadens deutlich vereinfachen, denn sie enthält wichtige Informationen über den Halter und die Versicherung des Autos.

  • Wie hilft mir das Grüne-Karte-System nach einem Unfall?

    Wenn Sie mit Ihrem Auto im Ausland einen Unfall verursachen, zahlt ihre Kfz-Haftpflichtversicherung die Schäden Dritter. Die Unfallopfer müssen sich dabei nicht an Ihren deutschen Versicherer wenden – innerhalb des Grüne-Karte-Systems hat jeder Versicherer in jedem Mitgliedsland ein Regulierungsbüro. Das reguliert den Unfall in der jeweiligen Landessprache und nach den im Land geltenden Regeln. Dasselbe gilt, wenn Sie von einem ausländischen Auto in Deutschland geschädigt werden. Dann können Sie sich an das deutsche Regulierungsbüro des ausländischen Versicherers wenden und werden von diesem nach deutschem Recht entschädigt.

  • Wo bekomme ich die Grüne Karte?

    Die Grüne Karte wird von der jeweiligen Kfz-Versicherung ausgestellt. Jahrelang war die Versicherungskarte nur dann gültig, wenn sie tatsächlich auf grünem Papier gedruckt war – daher auch ihr Name.

  • Warum ist die Grüne Karte weiß?

    Seit Juli 2020 ist das grüne Papier nicht mehr nötig – auch ein Ausdruck auf handelsüblichem weißem Papier wird als Nachweis akzeptiert. Seit Januar 2021 geben die Kfz-Versicherer die Karte sogar nur noch mit weißem Hintergrund aus. Der Vorteil der weißen Farbe: Autofahrer können ihre internationale Versicherungskarte nun auch per Mail erhalten und sie ganz einfach zuhause selbst ausdrucken.  Ab 2025 wird die Karte digital von der Kfz-Versicherung versendet, das PDF auf dem Smartphone reicht dann aus. Das ganze Verfahren ist also bequemer und schneller.

  • In welchen Ländern benötige ich die Grüne Versicherungskarte?

    In vielen Ländern sieht die Polizei nach einem Unfall gern die Grüne Karte, weil dort alle wichtigen Informationen zu finden sind und der Versicherungsschutz des Fahrzeugs eindeutig nachgewiesen ist. In den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (das sind die Länder der Europäischen Union und Island, Norwegen, Liechtenstein) sowie in Andorra, Bosnien-Herzegowina, Großbritannien, Monaco, Montenegro, San Marino, Serbien und in der Schweiz ist die Grüne Versicherungskarte bei der Einreise keine Pflicht mehr. In diesen Ländern Europas gilt das sogenannte Kennzeichenabkommen. Das heißt, schon das gültige amtliche Kfz-Kennzeichen des Autos gilt als Nachweis der Versicherung. Es gibt aber weiterhin Staaten, in die man nur mit einer gültigen Versicherungskarte einreisen darf. Dazu zählen Albanien, Aserbaidschan, Marokko, Moldawien, Nordmazedonien, Tunesien, Türkei und die Ukraine.

  • Kann die Kfz-Versicherung einzelne Länder vom Versicherungsschutz ausschließen?

    Grundsätzlich gilt der Versicherungsschutz einer Kfz-Haftpflichtversicherung in allen Ländern, die das Kennzeichen-Abkommen unterschrieben haben. Dazu zählen alle EU-Mitgliedsstaaten, Andorra, Bosnien-Herzegowina, Großbritannien, Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, San Marino, Serbien und die Schweiz. Diese Länder können auch nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden. Für andere Länder des Grüne-Karte-Systems, zum Beispiel die Türkei, kommt es auf den individuellen Versicherungsvertrag an. Hier hilft der Blick auf die Grüne Versicherungskarte: Ist ein Länderkürzel durchgestrichen, gilt der Schutz der Kfz-Versicherung in diesem Land nicht. Dann muss vor dem Grenzübertritt eine sogenannte Grenzversicherung für das Auto abgeschlossen werden.

  • Was gilt in Ländern, die auf der Grünen Karte gestrichen sind oder nicht draufstehen?

    Steht ein Land gar nicht auf der Grünen Karte oder ist es durchgestrichen, muss beim Grenzübertritt für das Fahrzeug eine sogenannte Grenzversicherung abgeschlossen werden.

  • Kann ich die Grüne Versicherungskarte auch in digitaler Form vorlegen, zum Beispiel auf meinem Smartphone?

    Aktuell wird die Grüne Karte nur in Papierform als Versicherungsnachweis im Ausland akzeptiert. Das ändert sich allerdings ab 2025: Dann reicht es, eine digitale Form der Grünen Karte dabei zu haben, zum Beispiel als PDF auf dem Smartphone.

  • Wie lange ist eine Grüne Versicherungskarte gültig?

    Wie beim Personalausweis steht das Ablaufdatum auf der Karte selbst.

Ansprechpartner

Schlagworte