Neue ESRS-Standards treiben nachhaltige und digitale Transformation
Auf europäischer und globaler Ebene wird intensiv an Standards für die zukünftige Nachhaltigkeitsberichterstattung gearbeitet. Mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) schafft die EU die technischen Voraussetzungen für nachhaltige Kapital- und Beteiligungsmärkte. Die deutschen Versicherer begrüßen die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf europäischer Ebene ausdrücklich.
Neue Sichtweise: ESRS verstehen Unternehmen als aktive Nachhaltigkeitstreiber
Die ESRS folgen dem Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit als zentralem Prinzip der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa. Das heißt einerseits, dass Unternehmen dazu berichten müssen, welche Chancen und Risiken Nachhaltigkeitsaspekte für ihr Geschäftsmodell bedeuten bzw. welchen Einfluss diese auf das Unternehmen haben könnten. Diese Blickrichtung wird als “outside-in” - Perspektive bezeichnet, weil es darum geht, wie externe Nachhaltigkeitsfaktoren auf Unternehmen einwirken.
Zusätzlich müssen sich Unternehmen damit befassen, wie sich die Geschäftsmodelle der Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft auswirken. Mit dem Einbezug der sogenannten “inside-out” - Perspektive in die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird die Frage gestellt, ob Unternehmen den Zielen und Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung entsprechen.
Bisher wurde den Unternehmen in der Definition von berichtspflichtigen Nachhaltigkeitsaspekten viel Spielraum eingeräumt, was zu uneinheitlichen Nachhaltigkeitsberichten führte. Die ESRS definieren nun erstmals verbindlich und in hoher Detaildichte die Dimensionen “Umwelt”, “Soziales” und “Unternehmensführung”, denen sie jeweils konkrete Berichtsanforderungen zuordnen. Die somit entstehende Datenfülle soll EU-weit digital über einen einheitlichen Zugangspunkt für Daten (European Single Access Point - ESAP) abrufbar sein. So können Investoren und weitere Stakeholder vergleichende Schlussfolgerungen zur Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen ziehen, und somit gezielt nachhaltige Unternehmen unterstützen.
Erstes Set der Berichtsanforderungen vorgestellt
Die ESRS werden nacheinander in vier Sets veröffentlicht, deren erstes die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) im Auftrag der EU-Kommission am 23. November 2022 vorstellte. Kürzlich hat der GDV seine Stellungnahme dazu veröffentlicht:
Im Vergleich zum ersten Konsultationsentwurf aus dem April 2022 zieht der Verband eine positive Bilanz. So wurde der bisher vorgesehene Ansatz der widerlegbaren Wesentlichkeitsvermutung durch eine unternehmensspezifische Wesentlichkeitsanalyse ersetzt. Auch wurde die Kompatibilität mit den internationalen ISSB-Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung verbessert. Mehr Pragmatismus ist hingegen bei der sektorübergreifenden Definition der Wertschöpfungskette sowie bei der Ausgestaltung der Berichtspflicht für kleine Versicherungsunternehmen erforderlich.