Deutsche Insurtechs bei Investoren beliebter denn je
Investoren steckten im Vorjahr so viel wie noch nie in hiesige Finanz-Start-ups. Das größte Interesse galt erstmals Firmen, die sich auf Versicherungsanwendungen fokussieren. Auch operative Kooperationen mit jungen Technologiefirmen boomen.
Unter allen deutschen Finanz-Start-ups haben Insurtechs 2019 erstmals das meiste Geld eingesammelt. Investoren investierten 442 Mio. Euro Eigenkapital in junge Technologiefirmen mit dem Fokus auf Versicherungen – dreimal so viel wie 2018. Das geht aus einer Berechnung des Analysehauses Barkow Consulting hervor. „Das digitale Angebot an Versicherungslösungen wächst“, sagt Geschäftsführer Peter Barkow.
Ein dreistelliger Millionen-Betrag floss beispielsweise an den digitalen Autoversicherer Friday, der Kfz-Policen nach gefahrenen Kilometern abrechnet. Auch das Versicherungs-Start-up Wefox, das etwa Hausrat- und Haftpflichtversicherungen per App anbietet, oder der digitale Krankenversicherer Ottonova verbuchten hohe Zuflüsse von Wagnis-Kapitalgebern.
Branche verbucht Rekordzufluss – aber nur wenige Firmen profitieren
Insgesamt legten die Investitionen in deutsche Fintechs im Vorjahr um 44 Prozent auf den Rekordwert von 1,7 Mrd. Euro zu. Knapp hinter den Insurtechs zogen Finanz-Aggregatoren, zu denen beispielsweise Anbieter von Multi-Banking-Apps zählen, das größte Interesse der Geldgeber auf sich. Sie verbuchten Zuflüsse von 433 Mio. Euro, was ebenfalls einer Verdreifachung gegenüber 2018 entspricht. Sogenannte Proptechs, die Dienstleistungen rund um Immobilien anbieten, rutschten hingegen vom ersten auf den fünften Platz ab: Sie verbuchten Zuflüsse von 198 Mio. Euro – nach 241 Mio. Euro ein Jahr zuvor.
Vom Interesse der Investoren profitieren jedoch nicht alle Technologiefirmen gleichermaßen. „Wir sehen eine zunehmende Konzentration in der deutschen Fintech-Szene: Immer weniger Finanz-Start-ups sammeln immer mehr Wagniskapital ein“, sagt Arno Walter, Chef der Comdirect Bank, die selbst eine Marktstudie veröffentlicht. Zum Vergleich: Entfielen 2016 auf die drei größten Transaktionen lediglich 15 Prozent der Gesamtinvestitionen, war es im Vorjahr bereits die Hälfte. Dennoch sei die Gründungsdynamik weiterhin hoch, so Walter: „Auch kleineren Fintechs gelingt es offenbar, ohne große Finanzierungsrunden neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.“ Oft, indem sie gezielt Kooperationen suchten.
Operative Kooperationen wichtiger als Finanzbeteiligungen
Dies belegt auch eine Auswertung der Unternehmensberatung PwC. Danach gab es 2018 mit rund 530 Kooperationen fast zehnmal so viele neue Partnerschaften zwischen etablierten Unternehmen und Fintechs wie 2014. Viel wichtiger als Kapitalbeteiligungen sind dabei operative Kooperationen: Sie machen inzwischen sieben von zehn Allianzen aus, 2014 lag der Anteil erst bei der Hälfte.
Gerade Versicherer nutzen immer öfter diese Option. Im Vorjahr gingen sie laut Hochrechnung von PwC 72 neue operative Kooperationen ein und lagen damit erstmals knapp vor den Banken. Inklusive der Kapitalbeteiligungen brachte es die Assekuranz auf 106 neue Partnerschaften, der Bankensektor auf 132.
Text: Karsten Röbisch