Mit EU-Datenbinnenmarkt Nase vorn behalten im globalen Wettlauf um Zukunftschancen
Der EU-Binnenmarkt für Daten ist das Herzstück der Europäischen Datenstrategie, mit der Daten zwischen Mitgliedsstaaten und verschiedenen Wirtschaftssektoren leichter ausgetauscht werden sollen. Versicherer setzen sich im Sinne ihrer Kundinnen und Kunden für ein zukunftsfähiges Regelwerk für den Umgang mit Daten in der EU ein.
Globaler Wettlauf um Datenkontrolle
Daten sind die Schlüsselressource unserer Zeit. 90% aller heute existierenden Daten wurden in den letzten zwei Jahren produziert – setzt sich dieser Trend fort, wird sich weltweite Datenmenge etwa alle zwei Jahre verdoppeln. Die Fähigkeit, Daten wirtschaftlich zu erschließen, ist entscheidend für die Schaffung von Arbeitsplätzen, für Innovationskraft und globale Wettbewerbsfähigkeit. Die Auseinandersetzung um Datenhoheit hat längst eine geopolitische Dimension angenommen – insbesondere zwischen den Weltmächten USA und China.
Daten als strategische Ressource
Um im globalen Wettlauf um Datenkontrolle und -souveränität nicht den Anschluss zu verlieren, hat die Europäische Kommission die Europäische Datenstrategie vorgestellt, deren Herzstück in der Schaffung eines Binnenmarktes für Daten besteht. Dieser soll die Daten aus folgenden europäischen Schlüsselsektoren zu interoperablen, offenen EU-Datenräumen zusammenführen:
- Fertigung & Industrie
- Landwirtschaft
- Energie
- Öffentliche Verwaltung
- Bildung
- Gesundheitsbranche
- Mobilität
- Finanzbranche
Künftig sollen Daten aus diesen strategischen Bereichen innerhalb der EU geteilt werden. Analog zu den Vorteilen des klassischen EU-Binnenmarktes setzt der Binnenmarkt für Daten die enormen Entwicklungschancen datengesteuerter Innovationen für europäische Unternehmen frei. Gleichzeitig sollen EU-weite Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre, Datenschutz und Wettbewerbsrecht die Kontrolle über die Daten in die Hände von Unternehmen und Einzelpersonen legen sowie sichere und vertrauensvolle Wege des Datenaustauschs schaffen.
Versicherer sehen große Chancen des Datenteilens
Die Versicherungsbranche hat generell ein hohes Interesse daran, mit Einwilligung ihrer Kundinnen und Kunden mehr Daten aus allen Wertschöpfungsbereichen nutzen zu dürfen Damit könnte sie Versicherungsprodukte noch bedarfs- und kundengerechter ausgestalten. Dies gilt im Hinblick auf alle Branchen. Aktuell fordert der GDV beispielsweise, dass Daten vernetzter Autos nicht den Autoherstellern, sondern in die Hände der Autofahrer gehören!
Die Europäische Kommission arbeitet im Moment u. a. an Gesetzesvorschlägen zu offenen Datenräumen für die Automobilwirtschaft (Access to Vehicle Data) und die Finanzwirtschaft (Open Finance). Die Versicherungsbranche soll dabei nach bisherigen Vorstellungen der Kommission in ein Rahmenwerk für ein offenes Finanzwesen eingebunden werden. Ein konkreter Vorschlag dazu ist im Sommer 2023 zu erwarten.
Die Idee der unionsweiten, branchenübergreifenden Datenteilung ist inspirierend und könnte zu erheblichen Marktchancen führen. Der tatsächliche Erfolg und die konkreten Auswirkungen auf Versicherer und Versicherte hängen jedoch von den inhaltlichen, technischen und regulatorischen Konturen ab, die in den folgenden Monaten geschärft werden.