Zweifel am Kundennutzen des offenen Finanzwesens
Auf der Bafin Tech diskutieren Experten über die europäischen Pläne zu einem besseren Datenaustausch innerhalb der Finanzbranche. Das Ziel der europäischen Initiative: Förderung von datengetriebenen Innovationen sowie ein besserer Überblick der Finanzdaten für Kunden. Die Versicherer stellen den derzeitigen Verbrauchernutzen des Informationsportals in Frage und machen sich für eine schrittweise Einführung stark. Aktuelle Befragungen bestätigen die Zweifel.
Im Juni hat die europäische Kommission ihren Vorschlag für ein offenes Finanzwesen (Financial Data Access Regulation) vorgelegt. Dieser soll den Datenaustausch in der gesamten Finanzbranche vorantreiben. Die europäische Kommission verfolgt den Plan, die Finanzübersicht der Kunden zu verbessern und Innovationen im Finanzsektor durch die Nutzung von Daten voranzutreiben. In einem Informationsportal sollen Kunden einen Überblick über ihre Finanzdaten erhalten, ihre Zugriffsrechte durch Dritte verwalten sowie ihre Daten mit anderen Finanzinstituten teilen können. Somit sollen – nach Vorstellungen der Kommission – Kunden bessere Angebote erhalten können.
Der Aufbau einer IT-Infrastruktur, die einen solchen Datenaustausch ermöglicht, wird sehr komplex und kostenintensiv. Eine Vergütung für die bereitgestellten Daten erfolgt nur dann, wenn Kunden den Service nutzen und Daten anfordern. Das Rahmenwerk für den Zugang zu Finanzdaten betrifft rund 400 Mio. Versicherungsverträge. Deshalb setzt die Versicherungswirtschaft auf eine Umsetzung, die stärker auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet ist. Eine evidenzbasierte und schrittweise Einführung des Portals sorgt für ein Gleichgewicht, das Nutzen, Kosten und Risiken gleichermaßen berücksichtigt.
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat eine Umfrage in Auftrag gegeben, um herauszufinden, ob Kunden generell an solchen Anwendungsfällen interessiert sind. Das Ergebnis ist eindeutig: Mehr als 75% haben kein Interesse an einem Informationsportal, wenn sie dafür ihre Daten mit verschiedenen Finanzinstituten teilen müssten. Dabei ist das Vertrauen in die Datensicherheit der eigenen Daten mit 88% bei Versicherern und über 97% bei Banken sehr groß. Was das Teilen sensibler Finanzdaten mit Dritten angeht, wie z.B. bei Vergleichsportalen, sinkt das Vertrauen rapide auf 43%.
Es existieren bereits Apps und Angebote, die die Umsätze verschiedener Konten analysieren und basierend darauf Spartipps geben. Diese Apps sind jedoch wenig bekannt und werden kaum genutzt: Nur 3% der befragten Haushalte verwenden sie. Über zwei Drittel der Befragten lehnen eine gebündelte Übersicht ihrer Finanzdaten ab. Dennoch gaben 90% an, bereits einen guten bis sehr guten Überblick über ihre Finanzdaten zu haben. Angesichts der hohen Sensibilität der Deutschen im Umgang mit ihren Finanzdaten ist es wenig sinnvoll, beträchtliche Investitionen in eine entsprechende Infrastruktur zu tätigen.