Zur Suche
Klima

Bundestag beschließt Klimaschutznovelle

Die Novelle des Klimaschutzgesetzes schwächt den Handlungsdruck für einzelne Sektoren ab, die ihre Ziele verfehlen. Von nun an ist die gesamte Bundesregierung in der Pflicht.

Lesedauer
© Jef van Hoof

Entscheidend für die Zukunft ist, wie effizient regenerative Energieanlagen arbeiten werden.

Bei Teamarbeit zählt am Ende das Gesamtergebnis. Doch wieviel tragen die einzelnen Teammitglieder bei? Und was passiert mit Teammitgliedern, die nur wenig beitragen? Im Grunde ging es um diese Frage bei der Reform des deutschen Klimaschutzgesetzes, das der Bundestag Ende April verabschiedet hat. Nur das es sich bei den Teammitglieder nicht um Personen, sondern um Sektoren und ihre zuständigen Ministerien handelte.

Klage gegen Bundesregierung erfolgreich 

In den vergangenen Jahren verfehlten insbesondere der Verkehrs- und Gebäudesektor ihre sogenannten Sektorziele. Am 16. Mai hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einer Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Bundesregierung stattgegeben. Demnach sind die Anstrengungen der Bundesregierung nicht ausreichend, um bestimmte Sektorziele zu erreichen. Das Urteil fußt allerdings auf dem Klimaschutzprogramm aus dem vergangenen Jahr. Es wird erwartet, dass die Bundesregierung in Revision geht.  

Keine Sofortmaßnahmen für Sektoren mit Emissionslücken 

Nach der alten Regelung hätten die zuständigen Ministerien dieser Sektoren die Pflicht, Sofortmaßnahmen vorzulegen. In diesem Zusammenhang hatte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) die Möglichkeit von Fahrverboten in den Raum gestellt. Mit der Reform des Klimaschutzgesetzes entfällt diese Pflicht für die einzelnen Ministerien. Fahrverbote und etwaige andere Sofortmaßnahmen sind nun erstmal vom Tisch, denn insgesamt hat Team Deutschland seine Ziele für dieses Jahr erfüllt.  

Bei Zielverfehlung ist nun die Bundesregierung gefragt 

Die Sektorziele bleiben dennoch bestehen und werden auch weiterhin überwacht. Maßgeblich ist am Ende allerdings, ob das Gesamtziel beim Klimaschutz erreicht wird. Ist das nicht der Fall, ist nun die Bundesregierung in der Pflicht, Sofortmaßnahmen durchzuführen. Im besten Fall soll es nicht dazu kommen. Das Gesetz verpflichtet die nächsten Bundesregierungen, in den ersten 12 Monaten ihrer Legislatur ein Klimaschutzprogramm vorzulegen, um die deutschen Klimaschutzziele für 2030 bzw. 2040 zu erreichen.  

Europäischer Lastenteilungsausgleich könnte teuer werden 

Für den Gebäude- und Verkehrssektor gibt es allerdings auf europäischer Ebene über die „Lastenteilungsverordnung“ Zielvorgaben für die einzelnen Mitgliedstaaten. Deutschland soll beispielsweise bis 2030 mindestens 50 Prozent der Emissionen im Vergleich zu 1990 in diesen Sektoren einsparen. Bei Zielverfehlung müsste Deutschland die Emissionslücken ausgleichen, und zwar durch den Erwerb von Emissionsrechten anderer Mitgliedstaaten. Für die Periode von 2021-2027 könnten die Ausgleichszahlungen laut Experten zwischen 7,5 Mrd. EUR bis zu 30 Mrd. EUR liegen. Die Quittung für verfehlte Klimapolitik kommt also zeitverzögert und hängt maßgeblich vom Umfang der Emissionslücken und den zukünftigen CO2-Preisen ab.  

Klimaschutz soll effizienter werden 

Die Reform des Klimaschutzgesetzes folgt der Prämisse der Effizienz. Emissionen sollen dort vermieden werden, wo es am günstigsten ist. Einige NGOs fürchten allerdings, dass der Reformdruck auf einzelne Sektoren nachlässt und die Zielerreichung insgesamt aufs Spiel gesetzt wird. Denn Gasheizungen und PKW mit Verbrennermotor, die heute neu beschafft werden, bleiben über Jahre hinweg im Bestand.  

CO2-Bepreisung steigt mittelfristig auch für Gebäude und Verkehr  

Experten gehen davon aus, dass die CO2-Emmission und damit die Nutzung fossiler Energie auch im Verkehr- und Gebäudesektor perspektivisch teurer wird. Auf nationaler Ebene steigt beispielsweise die CO2-Abgabe auf Benzin, Heizöl und Gas von zurzeit 45 EUR auf 55 EUR im Jahr 2025. Auf europäischer Ebene wird ab dem Jahr 2027 der European Emission Trading System 2 (ETS2) die Sektoren Gebäude, (Land-)Verkehr und kleinere Industrieanlagen einschließen. Auf welchem Niveau sich die CO2-Preise auf dem ETS2 mittelfristig einpendeln, ist offen und hängt stark von wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen ab. Der technologische Fortschritt in puncto Energieeffizienz ist ein weiter Faktor. Über den Zusammenhang von CO2-Preis und Energieeffizienzgewinne hat die deutsche Bundesbank eine Studie in ihrem Monatsbericht 2024 veröffentlicht. 

Erwartungen über CO2-Preise beeinflussen Investitionen 

Die mittel bis langfristige Erwartung der Verbraucher/-innen über die CO2-Preise beeinflussen maßgeblich Entscheidungen über langlebige Investitionen. Wer heute mit mittelfristig höheren CO2-Preisen in der Zukunft rechnet, entscheidet sich eher für CO2-arme Lösungen. Die Unsicherheit über das zukünftige CO2-Preis-Niveau könnte daher Fehlinvestitionen begünstigen. Trotz Warnungen des Verbraucherschutzes haben Immobilienbesitzer/-innen im Jahr 2023 noch knapp 800.000 neue Gasheizungen und etwa. 110.000 neue Ölheizungen verbaut. Ob bewusst oder unbewusst – diese Investitionen sind eine riskante Wette auf niedrige CO2-Preise und enden möglicherweise als stranded assets. In vielen Fällen lohnt sich der Umstieg auf Heizungen auf Basis Erneuerbarer Energien schon heute. Seit Anfang des Jahres gibt es großzügige, staatliche Förderung für den Umstieg. Immobilienbesitzer/-innen bekommen einen Zuschuss von bis zu 70 Prozent der Umrüstungskosten bis maximal 20.000 EUR. Zusätzlich gibt es Zuschüsse für energetische Sanierungsmaßnahmen und vergünstigte Kredite. 

Inhaltstyp
Schlagworte