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Klima

Wie Landwirte beim Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest versichert sind

Die Afrikanische Schweinepest hat Deutschland erreicht. Öffentliche und private Versicherungen decken direkte Schäden der Landwirte ab. Das weitaus größte wirtschaftliche Risiko müssen die Bauern jedoch selbst tragen.

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© Getty Images/deyanarobova

Deutsche Schweinebauern befürchten nach dem ersten bestätigten Fall der Afrikanischen Schweinepest erhebliche wirtschaftliche Einbußen.

Es ist gekommen wie befürchtet: Die Afrikanische Schweinepest hat Deutschland erreicht. Am 9. September wurde der Kadaver eines mutmaßlich infizierten Wildschweins gefunden, wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze im Spree-Neiße-Kreis entfernt. Einen Tag später herrschte Gewissheit. „Der Verdacht hat sich leider bestätigt“, teilte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) in Berlin mit.

Für Experten war es keine Frage des Ob, sondern nur des Wann die Seuche Deutschland erreichen würde. In Polen war das Virus bereits 2014 erstmals aufgetreten, das Infektionsgeschehen konzentriere sich zunächst auf den Osten des Landes. 2019 breitete sich das Virus schließlich relativ schnell gen Westen aus. Ende Januar 2020 fanden polnische Behörden schließlich ein mit dem Virus infizierten Wildschwein-Kadaver – nur rund zwölf Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt.

Deutsche Schweinebauern befürchten dreistelligen Millionenschaden

Für die deutschen Schweinebauern ist der erste bestätigte Befund hierzulande eine Katastrophe. Sie befürchten erhebliche Einbußen. „Wir rechnen mindestens mit einem hohen dreistelligen Millionenbetrag“, hatte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, gesagt, als die Schweinepest noch jenseits der Grenze wütete. Denn obgleich die Seuche für Menschen ungefährlich ist, dürfte die Nachfrage nach Schweinefleisch sinken – und damit auch der Preis. Zudem gibt es nun Exportbeschränkungen ins Nicht-EU-Ausland – beispielsweise nach China –, weil Deutschland nicht mehr als „seuchenfrei“ gilt. Versicherbar sind solche Marktpreisrisiken nicht.

Im Unterschied zu den direkten Schäden: Für sie gibt es sehr wohl Versicherungslösungen. Wird das Virus beispielsweise in einem Mastbetrieb nachgewiesen, werden alle Tiere auf Anweisung der Veterinärbehörde gekeult. Für den Verlust erhalten die Landwirte eine Entschädigung von der öffentlich-rechtlichen Tierseuchenkasse (TSK), die sich aus den Pflichtbeiträgen aller Tierhalter finanziert. Die TSK erstattet allerdings nur den gemeinen Tierwert und die Tötungskosten. Einkommensausfälle übernimmt sie nicht.

Ertragsschadenversicherung übernimmt Einnahmeausfälle

Diese Lücke schließt die private landwirtschaftliche Ertragsschadenversicherung: „Mit ihr können Landwirte Einnahmeausfälle versichern, die durch eine Tierseuche entstehen“, sagt Andreas Hahn, Experte beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dazu zählt beispielsweise der ausbleibende Mehrerlös, weil gekeulte Tiere nicht weiterverarbeitet werden konnten. Oder Einbußen bei der biologischen Leistung, weil ein Hof wegen dezimierter Bestände dauerhaft weniger Milch oder Ferkel produziert. Die Police kann auch die Kosten für die Reinigung und Desinfektion der Ställe übernehmen, was die Tierseuchenkasse nur auf freiwilliger Basis tut.  

Die Ertragsschadenversicherung hilft auch dann, wenn der Mastbetrieb zwar nicht direkt betroffen ist, aber in der Nähe eines Seuchengehöfts liegt oder in einem Gebiet, in dem der Erreger bei Wildtieren nachgewiesen wurde. In solchen Fällen richten die Behörden großräumige Sperr- oder Beobachtungbezirke ein, die für die darin liegenden Höfe ebenfalls erhebliche Einschränkungen bedeuten. Das können Transportverbote sein, zusätzliche Kennzeichnungspflichten, aber auch präventive Keulungen. Die daraus resultierenden Einbußen übernimmt die Ertragsschadenversicherung. Sie erstattet unter Umständen auch zusätzliche Tierarzt- oder Futtermittelkosten, wenn das Vieh länger als geplant auf dem Hof bleiben muss.  

Versicherungsbedingungen sind variabel

Wie die Leistungen genau aussehen, hängt vom Einzelfall ab. „Die Verträge sind ganz unterschiedlich ausgestaltet“, sagt Hahn. Mal zahlt der Versicherer eine Pauschale, mal richtet sich die Entschädigung nach den Umsatzeinbußen. Unterschiede gibt es auch beim versicherten Risiko. Es kann sich allgemein auf Seuchen beziehen oder konkret auf einen Virus, wie eben die Afrikanische Schweinepest. „Je stärker das Risiko eingegrenzt ist, desto größer ist die Gefahr, im Schadenfall nicht geschützt zu sein“, sagt Hahn. Auf der anderen Seite seien umfassendere Versicherungslösungen naturgemäß teurer. Meist müssen die Landwirte eine Wartezeit einhalten, ehe der Versicherungsschutz greift.

Wie auch immer die Details aussehen: Umsatzeinbußen infolge von Preisverfall oder Exportverboten decken die Policen grundsätzlich nicht ab. Sie würden aber den weitaus größten Teil des wirtschaftlichen Schadens ausmachen. Schließlich sind indirekt auch all jene Betriebe davon betroffen, die nicht in einem Seuchengebiet liegen. Vor allem das nun angekündigte Ausfuhrverbot nach China schmerzt die deutschen Viehhalter sehr. Im Vorjahr exportierten sie mit rund 300.000 Tonnen Schweinefleisch etwa zwei Drittel mehr in die Volksrepublik als 2018 und erzielten dabei Höchstpreise. Ironie: Es ist ausgerechnet die in China bereits grassierende Afrikanische Schweinepest, die der deutschen Fleischwirtschaft die Sonderkonjunktur beschert hat. Doch damit es nun vorbei.

Text: Karsten Röbisch