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Klima

„Kein Klimaschutz ist keine Lösung“

Die Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten ist ein Schlag für die globale Klimaschutzpolitik. Die Versicherer halten dennoch an ihren Zielen fest, wie GDV-Präsident Norbert Rollinger auf dem TransVer Day in Berlin betonte.

Karsten Röbisch (© Christian Kruppa / GDV)
Karsten Röbisch
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© Christian Kruppa / GDV

Die politischen Rahmenbedingungen für den Klimaschutz waren schon mal besser. So möchte der designierte US-Präsident Donald Trump am liebsten aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten, wie er es schon in seiner ersten Amtszeit getan hat. Auch auf europäischer Ebene ist der Ehrgeiz einem gewissen Pragmatismus gewichen. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit hat in der neuen Legislaturperiode nun oberste Priorität. 

Ungeachtet dessen halten die Versicherer an ihren Zielen fest: „Eigeninitiative in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz, wie wir sie uns als Branche verordnet haben, werden immer wichtiger“, betonte Norbert Rollinger, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), am Donnerstag auf dem Nachhaltigkeitstag in Berlin. „Kein Klimaschutz ist keine Lösung.“ Ansonsten würden Naturkatastrophen immer häufiger und heftiger und die Klimafolgekosten völlig aus dem Ruder laufen.

1,5-Grad-Ziel gerät außer Reichweite

Vor diesem Szenario warnt auch Mojib Latif, Professor am GEOMAR Helmholtz-Institut für Ozeanforschung Kiel, angesichts der ungebremsten Erderwärmung. 2024 werde der globale Temperaturanstieg im Jahresdurchschnitt erstmals über 1,5 Grad liegen – und damit über der Grenze, die nach den Pariser Klimaschutzabkommen nach Möglichkeit nicht überschritten werden sollte. Latif glaubt jedoch, dass das Ziel dauerhaft gerissen werde. „Wir laufen weiter in die falsche Richtung. Der CO2-Ausstoß wächst immer noch“, kritisierte der Klimaforscher. 

Die Versicherer sehen sich in einer Vorreiterrolle beim Klimaschutz. Als eine der ersten Branchen hatten sie bereits 2021 eine Nachhaltigkeitspositionierung verabschiedet. Bis 2050 wollen sie beispielsweise die Emissionen ihrer Kapitalanlagen auf netto null senken. Auf dem Weg dahin ist der Sektor 2023 ein gutes Stück vorangekommen. Der CO2-Fußabdruck ihrer Kapitalanlagen sank von 79 auf 61 Tonnen pro investierter Million Euro. Insgesamt haben die Versicherer bereits 163 Milliarden Euro in nachhaltige Kapitalanlagen investiert, davon 23 Milliarden Euro in den Bereich der erneuerbaren Energien. 

Marktkräfte für die Transformation mobilisieren

„Diese Investitionen ermöglichen es, jährlich über 23 Milliarden Kilowattstunden sauberen Strom zu erzeugen – das entspricht fast 17 Prozent des Stromverbrauchs aller deutschen Privathaushalte“, sagte Rollinger. Die Versicherer könnten mit ihrem Kapital noch mehr bewirken, wenn die politischen Rahmenbedingungen für Investitionen besser gestaltet oder Planungs- und Genehmigungsverfahren effizienter würden, so Rollinger. Der GDV-Präsident plädierte für eine Regulierung, die Perspektiven schafft und die die Kräfte des Marktes für die Transformation stärker mobilisiert. 

Die Ökologie mehr mit der Ökonomie zu verbinden, das scheint auch in Deutschland der neue politische Ansatz. „Wir wollen Klimaschutz, aber mit unserer Industrie“, sagte Andreas Jung, klimapolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es gehe nicht darum, die Energiewende abzusagen oder die Klimaziele zu schleifen. Wirtschaftliche und soziale Aspekte müssten allerdings stärker mitgedacht werden.

Nachhaltigkeit ist mehr als Umweltschutz

Denn auch hierzulande lässt die Akzeptanz nach – angesichts hoher Energiepreise und der wirtschaftlichen Verwerfungen, die die ökologische Transformation mit sich bringt. „Klima- und Umweltschutz ist etwas in den Hintergrund geraten“, räumte Jan-Niclas Gesenhues (Grüne) ein, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Man müsse deshalb deutlicher machen, dass Klimaschutz nicht nur der Umwelt diene, sondern auch wichtig für die wirtschaftliche Wertschöpfung sei. „70 Prozent der Unternehmen im Euro-Raum sind abhängig von Ökosystem-Leistungen“, betonte Gesenhues. Auch die Abhängigkeit von Rohstofflieferungen aus kritischen Ländern ließe sich durch nachhaltigeres Wirtschaften verringern. „Es ist klüger, die vorhandenen Ressourcen im System zu behalten und wiederzuverwerten, als sie zu importieren“, sagte Gesenhues.

Wie zirkuläres Wirtschaften aussehen kann, dafür setzt sich beispielsweise Cradle to Cradle NGO ein, Preisträger des diesjährigen TransVer-Preises des GDV. Die Nichtregierungsorganisation fördert seit mehr als zehn Jahren Ideen zum Thema Kreislaufwirtschaft – durch Workshops oder eigene Labore. „Wir brauchen nicht nur zirkuläre Produkte, sondern auch zirkuläre Geschäftsmodelle, um Ressourcen und Materialen im Kreislauf halten zu können“, sagte Tim Janßen, Co-Gründer von Cradle to Cradle NGO. Dabei spiele der Finanzsektor eine wichtige Rolle. Denn die Geschäftsmodelle müssten finanziert und versichert werden. 

Reparieren statt ersetzen

Auch die Versicherer begriffen zirkuläres Wirtschaften zunehmend als strategisches Thema, hob GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen in seiner Laudatio hervor. So würden die Unternehmen Reparaturen von beschädigten Gütern fördern statt deren Neukauf und auch dazu beitragen, Gebäude klimaresilient zu gestalten. Diese Maßnahmen seien nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich nachhaltig, da sie die Lebensdauer von Materialien und Infrastrukturen verlängern, sagte Asmussen.