Weltklimakonferenz in Baku stärkt Kohlenstoffmärkte
Trotz der gemischten Ergebnisse der Weltklimakonferenz in Baku wird mit der Einigung für strengere Regeln für Kohlenstoffmärkte ein positives Signal gesetzt.
Die Weltklimakonferenz COP29 in Baku ist mit gemischten Ergebnissen zu Ende gegangen. Zwar wurde ein internationales Klimafinanzierungsziel beschlossen, das die Industrieländer verpflichtet, bis 2035 insgesamt 300 Mrd. Dollar zur Verfügung zu stellen. Allerdings halten Experten diese Summe für unzureichend, um die avisierten Klimaziele zu erreichen. Positiv hervorzuheben ist jedoch ein wichtiger Durchbruch: Die Einigung auf konkretere Regelungen für freiwillige Kohlenstoffmärkte nach Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens.
C02-Bepreisung zentral für effizienten Klimaschutz
Die Bepreisung von Kohlenstoff ist ein wichtiger Ansatz zur Bekämpfung des Klimawandels. Umsetzung und Umfang der Bepreisung variieren global gesehen sehr stark. Grob gesagt gibt es bei der Bepreisung von Kohlenstoff drei Ansätze: verpflichtende Emissionshandelssysteme (ETS), C02-Steuern und freiwillige C02-Zertifikate (carbon crediting). Bei letzteren können Projektentwickler durch freiwillige Klimaschutzprojekte wie Waldschutz- oder erneuerbare Energieprojekte C02-Zertifikate schöpfen und weiterveräußern – beispielsweise an Unternehmen, die freiwillig C02-Emissionen kompensieren wollen.
COP29: Neue Regeln für freiwillige Kohlenstoffmärkte
Auf der diesjährigen Weltklimakonferenz COP29 wurden nach jahrelangen Verhandlungen Regeln für freiwillige Kohlenstoffmärkte gemäß Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens konkretisiert. Die neuen Regeln könnten die Grundlage für effizientere, internationale Kohlenstoffmärkte legen. Artikel 6.2 ermöglicht den Handel von C02-Gutschriften zwischen Staaten. Artikel 6.4 schafft einen Mechanismus, der Emissionsreduktionen in ärmeren Ländern zertifiziert, etwa durch den Schutz von Wäldern oder den Ausbau erneuerbarer Energien. Reichere Länder könnten diese Zertifikate erwerben, um ihre nationalen Klimaziele zu erreichen. Ein Knackpunkt ist die Umsetzung und Kontrolle der neuen Regeln. Experten gehen davon aus, dass strengere Prüfkriterien und klare Transparenzpflichten notwendig sind, um die Integrität des freiwilligen Kohlenstoffmarktes zu stärken und die Wirksamkeit freiwilliger C02-Zertifikate zu steigern.
Deutschland will Klimaschutz in Entwicklungsländern durch Kohlenstoffmärkte fördern
Im Tagesspiegel Background bewertete Stefan Wenzel, Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), die neuen Regeln positiv: „Damit steht uns ein starkes Instrument zur Mobilisierung des Privatsektors für die Aufgaben des globalen Klimaschutzes zur Verfügung.“ Das BMWK sieht insbesondere in Artikel 6.4 einen Fortschritt, da die neuen Regeln striktere Anforderungen an die Zusätzlichkeit von Projekten stellen. Gleichzeitig stellte Staatssekretär Wenzel klar, dass Deutschland und die EU diese Märkte nicht zur Erreichung eigener Klimaziele nutzen werden. Stattdessen sollen gut funktionierende Kohlenstoffmärkte zunächst Unternehmen fördern, die Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern unterstützen. Solche Projekte könnten nicht nur den Klimaschutz stärken, sondern auch die Lebensbedingungen vor Ort verbessern, zum Beispiel durch den Ausbau lokaler Energieversorgung oder den Schutz von Mooren und Wäldern.
Klimawirkung von Kompensationszertifikaten überbewertet
Eine neue, groß angelegte wissenschaftliche Meta-Studie, die in dem Fachjournal Nature Communication veröffentlichte wurde, evaluierte die Klimawirkung freiwilliger C02-Zertifikate. Das renommierte, internationale Forschungsteam berücksichtigte in der Analyse ein Fünftel der bisher ausgegebenen C02-Zertifikate – fast eine Milliarde Tonnen CO2e. Insgesamt – so das Ergebnis der Studie - sind nur ca. 16 Prozent der untersuchten C02-Zertifikate mit effektiven Maßnahmen gedeckt. Viele Projekte wie Waldschutz und erneuerbare Energien, die durch freiwillige C02 Zertifikate finanziert werden, würden die angestrebten Klimaschutzeffekte verfehlen. Lambert Schneider vom Öko-Institut, Mitautor der Studie betont: „Die Studie zeigt, dass es systematische Probleme bei der Quantifizierung der Emissionsminderungen gibt. Zudem sind manche Projekte nicht auf die Einnahmen aus den Zertifikaten angewiesen, sondern werden ohnehin umgesetzt.“