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Regulierung

Nachhaltigkeitsberichterstattung: Konsultation von KMU-Standards und Leitlinien für die Umsetzung

Das europäische Beratungsgremium EFRAG will mit unverbindlichen Leitlinien zur Wesentlichkeitsanalyse und Wertschöpfungskette bei der Umsetzung der European Sustainability Reporting Standards helfen.

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© Unsplash/Gustavo Quepón

Die Umsetzung der neuen Berichtspflichten in puncto Nachhaltigkeit ist für die Unternehmen momentan eine große und vor allem dringliche Herausforderung. Viele Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, über das Geschäftsjahr 2024 nach der Corporate Sustainability Reporting Direktive (CSRD) zu berichten. Wie und was berichtet werden muss, regeln die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ist mit der Entwicklung der ESRS betraut; zwölf sektorübergreifende Standards wurden bereits als delegierter Rechtsakt verabschiedet.

Teufel bei Berichtspflichten steckt im Detail

Natürlich steckt der Teufel wie so oft im Detail. Um die Unternehmen bei der Anwendung der ESRS zu unterstützen, stellt EFRAG drei unverbindliche Leitlinien (Implementation Guidelines) bis zum 2. Februar 2024 zur Konsultation.

Die erste unverbindliche Leitlinie (EFRAG IG 1) schlägt einen Prozess für die Wesentlichkeitsanalyse (materiality assessment) vor. Im Prozess der Wesentlichkeitsanalyse finden die Unternehmen heraus, welche Auswirkungen sie auf Umwelt und Gesellschaft (Inside-out) haben und welche Einflüsse sich auf die Unternehmen auswirken (Outside-in).

Die zweite unverbindliche Leitlinie (EFRAG IG 2) versucht Klarheit bei der Berichterstattung über die eigene Wertschöpfungskette zu schaffen. Die Kette umfasst die geschäftlichen Beziehungen mit Zulieferern und mit denjenigen, die die Produkte eines Unternehmens nutzen oder von ihnen betroffen sind. Die Leitlinie fasst die Berichtsstandards zusammen, bei denen Auswirkungen, Risiken und Chancen aus der Wertschöpfungskette berücksichtigt werden sollen. Eine „Value Chain Map“ stellt die Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette entsprechend den Offenlegungspflichten nach der durch die CSRD ergänzten EU-Bilanzrichtlinie übersichtlich dar.

Die dritte unverbindliche Leitlinie (EFRAG IG 3) stellt den Unternehmen eine Liste aller geforderter Datenpunkte der zwölf verabschiedeten ESRS zur Verfügung. Insgesamt müssen die Unternehmen bis zu 823 Datenpunkte jährlich berichten. 176 Datenpunkte müssen die Unternehmen unabhängig von der Wesentlichkeitsanalyse (irrespective of materiality assessement) veröffentlichen. 647 Datenpunkte sind Gegenstand der Wesentlichkeitsanalyse (subject to materiality assessment). Die Experten von EFRAG haben zusätzlich eine Erläuterung zu der Liste der Datenpunkte veröffentlicht.

Wie viele Datenpunkte Unternehmen im Endeffekt berichten müssen, hängt also stark von dem Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse ab. Der Vorteil ist, dass die Berichterstattung passgenauer auf die einzelnen Unternehmen zugeschnitten ist. Aus Sicht des GDV sind mehr Informationen nicht unbedingt besser. Ein klarer Fokus auf die relevanten Informationen hilft Investoren bei der Analyse der Nachhaltigkeitsberichte und begrenzt den Aufwand für die berichtenden Unternehmen.

Konsultation der KMU-Standards ist gestartet

Für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beginnt die Berichtspflicht im Geschäftsjahr 2026 (bzw. spätestens 2028 unter Berücksichtigung einer zweijährigen Übergangsfrist). EFRAG entwickelt für KMUs zwei vereinfachte Standards, die seit dem 22. Januar zur Konsultation stehen. Spezifische KMU-Standards sind notwendig, da viele KMUs nur begrenzte Ressourcen für die Berichterstattung zur Verfügung haben. Der erste KMU-Standard (ESRS LSME ED) ist für kapitalmarktorientierte KMUs und damit verpflichtend. Der zweite Standard (VSME ED) ist für die freiwillige Anwendung und richtet sich an nicht-kapitalmarktorientierte KMUs. Die Konsultation der beiden KMU-Standards läuft bis zum 21. Mai 2024.

Sektorspezifische Standards stehen noch aus

Die Entwicklung der ESRS ist mit den KMU-Standards noch nicht abgeschlossen. Geplant ist die Entwicklung von sektorspezifischen Berichtsstandards zunächst für die Realwirtschaft, wie beispielsweise Öl und Gas, Bergbau oder Transport. In den kommenden Jahren wird es auch einen sektorspezifischen Standard für die Versicherungswirtschaft geben. Viele Unternehmen setzen darauf, dass die sektorspezifische Standards mehr Klarheit bei der Berichterstattung schaffen.

Der GDV bereitet sich auf die anstehenden Diskussionen zum Versicherungsstandard vor, unter anderem mit einer Impact Map für die verschiedenen Zweige der Schaden-/Unfallversicherung. Im Sommer 2023 hatte der GDV den Mitgliedsunternehmen eine unverbindliche Hilfestellung für die Planung und Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse präsentiert.