Stahl ist das buchstäbliche Rückgrat unserer modernen Gesellschaft. Von Wolkenkratzern und Brücken bis hin zu Autos und Haushaltsgeräten – ohne den robusten Werkstoff wäre die Welt, wie wir sie kennen, kaum denkbar. Doch die Produktion dieses Materials hat einen großen Haken: Sie ist verantwortlich für mehr als sieben Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Angesichts der dringenden Notwendigkeit, den Klimawandel zu bekämpfen, steht die Stahlindustrie vor einer entscheidenden Herausforderung: der Entwicklung von grünem Stahl, der eine klimafreundlichere Zukunft ermöglichen soll.
In traditionellen Hochöfen erfüllt Kohle eine doppelte Aufgabe. Sie liefert nicht nur die nötige Hitze. Der Kohlenstoff im aus Kohle gewonnenen Brennstoff Koks bindet außerdem den Sauerstoff, der bei der Reduktion von Eisenerz zu Eisen frei wird. Das Ergebnis ist reines Eisen und sehr viel CO2. Im Reaktionsofen der Zukunft wird Wasserstoff den Sauerstoff binden. Die Endergebnisse sind dann reines Eisen und reines Wasser. Diese Methode kann die Emissionen um bis zu 95 Prozent reduzieren und trägt somit erheblich zur Dekarbonisierung der Industrie bei.
Anschub für die Transformation
Wenn es um grünen Stahl geht, ist es also nicht damit getan, etwas anderes im Ofen zu verfeuern. Es geht darum, die Roheisengewinnung komplett anders um einen komplett neuen chemischen Prozess in einem neuen Reaktor mit Wasserstoff herum aufzubauen. Der Um- und Aufbau passender Stahlwerke für diesen Produktionsprozess benötigt jedoch erhebliche Investitionen. Hier kommt die Allianz Investment Management ins Spiel. Sie investiert in ein Stahlwerk im nordschwedischen Boden, in dem das Unternehmen Stegra grünen Stahl produzieren wird.
Gariele Recke, Head of Sustainable Investing bei Allianz Investment Management, erklärt: „Wir arbeiten auf mehreren Ebenen nachhaltig: Zum einen achten wir bei allen Anlage-Produkten darauf, dass diese Nachhaltigkeitskriterien genügen. Das geht über eine reine Betrachtung der CO2-Emissionen hinaus und schließt auch Aspekte wie Arbeitnehmerrechte oder Umweltstandards ein. Zum anderen ermöglichen wir durch eigene Investments besonders Projekte, die uns allen bei einer Transformation zu einer nachhaltigeren Welt helfen.“
Die Allianz hat sich im Rahmen der Net Zero Asset Owner Alliance verpflichtet, ihre Kapitalanlagen bis 2050 klimaneutral zu gestalten und auf dem Weg feste Zwischenziele einzuhalten. Ein Zwischenziel ist auch der Ausbau von nachhaltigen Investitionen. Deshalb hat sie konkrete Investment-Strategien für Bereiche wie Forstwirtschaft, Impact Investing oder Decarbonization entwickelt – das schwedische Stahlwerk ist ein Beispielprojekt für letzteren Bereich. „Wenn wir über nachhaltige Investments reden, bekomme ich schonmal fragende Blicke, wenn ich anfange von der Stahlproduktion zu sprechen. Wir sind aber von dem Hebel überzeugt, der sich hier bietet“, sagt Recke.
Grüner Stahl aus dem Norden
Dass das Stahlwerk in Schweden entsteht, ist kein Zufall. Eisenverhütten braucht sehr viel Energie und früher standen Stahlwerke deshalb vorzugsweise dort, wo Steinkohle und Koks nicht weit war. Künftig werden sie dort stehen, wo es grünen Strom und Wasser gibt. Karin Hallstan, Head of Public and Media Relations beim Betreiber Stegra, erklärt: „Wir wählten Boden als Standort, weil wir hier Zugang zu erneuerbarer Elektrizität zu vorhersehbaren und im Vergleich zu anderen Teilen Europas relativ niedrigen Preisen haben. Diese kommt hier im Norden vor allem aus Wasser- und Windkraftwerken.“
Aber wozu der ganze Strom? Wie oben beschrieben gibt es im neuen Prozess keinen Hochofen mehr, der Eisenerz im Koksfeuer aufschmilzt und flüssig reduziert. Stattdessen bläst ein Reaktor Wasserstoff durch zerkleinertes Eisenerz und reduziert so das feste Erz direkt zu hartem Eisen. Erst danach schmilzt ein elektrische Lichtbogenofen das so gewonnene Roheisen zusammen mit Eisenschrott und Legierungsmetallen für die weitere Verarbeitung. Grün ist dieser Prozess also nur, wenn der Wasserstoff zuvor mit grünem Strom aus Wasser gewonnen wurde und grüner Strom das Eisen schmilzt.
Das lohnt sich? Ja: die Auftragsbücher sind voll lange bevor die erste Tonne Stahl produziert ist. Hallstan berichtet: „Wir sehen, dass die Nachfrage immer weiter steigt. Das war in den letzten drei Jahren der Fall, und wir sehen keine Änderung dieses Trends. Im Gegenteil: Jetzt, wo die großen CO2-Emittenten in der europäischen Stahlindustrie für ihre Emissionen zahlen müssen und die Grenzzölle dafür sorgen, dass dies auch für importierten braunen Stahl gilt, steigt die Nachfrage nach grünem Stahl – und damit auch die Bereitschaft, dafür einen Aufpreis zu zahlen.“ 2030 soll das Werk jährlich fünf Millionen Tonnen grünen Stahl produzieren.
Nachhaltigkeit als Renditetreiber
Die Allianz ist überzeugt von dem Projekt. Sie investiert gleich zweifach in das schwedische Stahlwerk: über einen Fond, an dem sie beteiligt ist und als direkte Investition. „Die Investition in derartige große Infrastruktur-Projekte ist für uns nichts Neues“, erklärt Recke. Den ersten Windpark finanzierte die Allianz bereits 2005 mit. Inzwischen sind alle Aktivitäten nur deutlich strukturierter in klare Strategien gegossen. Recke ist überzeugt: „Dass bei unseren Investitionen die Nachhaltigkeit ein wichtiger Entscheidungsfaktor ist, ist kein Nice-to-have, sondern ein echter Renditetreiber. Wir denken und handeln bei unseren Investments in Zeiträumen von mehreren Jahrzehnten. Da ist offensichtlich, dass es ohne Nachhaltigkeit nicht geht – sei es aus rein sachlichen Gründen oder weil auch die regulatorischen Rahmenbedingungen zu Recht immer strenger werden.“ Schließlich können Investments mittelfristig nur dann sicher Rendite abwerfen, wenn sie in eine nachhaltige und transformierte Welt passen.