Gesetzgebung für das digitale Zeitalter: Welche Lehren lassen sich aus der letzten EU-Legislatur ziehen?
Auf dem GDV-Event „Legislation fit for Digital Age” in Brüssel zogen Vertreterinnen und Vertreter der Industrie, der Verbraucher und der europäischen Institutionen eine Bilanz über die zahlreichen Digital-Verordnungen der letzten Jahre und formulierten ihre Empfehlungen für eine angemessene Gesetzgebung in der Zukunft.
In den letzten fünf Jahren hat sich die Europäische Kommission der großen Herausforderung gestellt, übergreifende Rechtsvorschriften für künstliche Intelligenz, Daten, Cyber-Resilienz und Gatekeeper-Plattformen zu erarbeiten. Das Ziel: Ein gemeinsamer europäischer digitaler Rechtsrahmen. Vor diesem Hintergrund diskutierten hochrangige Redner auf der GDV-Podiumsdiskussion zum Thema „Gesetzgebung für das digitale Zeitalter“ über die Grundsätze einer robusten, vertrauenswürdigen und zukunftssicheren digitalen Gesetzgebung, die Schutz und Innovation in Europa in Einklang bringen kann.
Großer Erfolg für den digitalen Binnenmarkt der EU
Nach jahrelangen Verhandlungen hat die Europäische Union ihren ersten umfassenden digitalen Rechtsrahmen verabschiedet, der Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und die Rechte des Einzelnen in Einklang bringt. Dies sei an sich schon ein großer Erfolg, sagte Yvo Volman, Direktor in der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien der Europäischen Kommission, da es die Fragmentierung des digitalen Binnenmarkts der EU aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorschriften in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten verhindert habe. "Dieser Rechtsrahmen, der durch Finanzierungsprogramme neuer Technologien ergänzt wird, stellt sicher, dass Innovation weiterhin im Mittelpunkt der europäischen digitalen Agenda steht.“
Die Regelungen kämen zum richtigen Zeitpunkt, da die COVID-Pandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine digitale Technologien in den Vordergrund des täglichen Lebens der Europäer und der Sicherheit des Kontinents gerückt haben.
Gleichgewicht zwischen Schutz und Innovation
Bei der Erarbeitung des digitalen Regelwerks der EU wurden auch Fragen nach dem sensiblen Gleichgewicht zwischen Innovation und Schutz aufgeworfen. Stefan Gehring, General Counsel und Group Compliance Officer von Munich Re, betonte, dass die Regeln vereinfacht werden sollten und als Treiber für Fortschritt dienen, anstatt Hindernisse zu sein.
Frederico Oliveira da Silva, Leiter für digitale Rechte bei BEUC, hob hervor, dass die Gesetzgebung für digitale Märkte entscheidend sei, um die gravierenden Ungleichgewichte zu korrigieren, von denen Verbraucher derzeit erheblich benachteiligt seien. Des Weiteren wurde betont, dass die Umsetzung einer prinzipienbasierten Gesetzgebung auf technischer Ebene sowohl für die Institutionen als auch für die Industrie herausfordernd sein könne, unabhängig von möglichen Überschneidungen oder Unstimmigkeiten zwischen horizontalen Regelungen und ihrer Umsetzung in den jeweiligen Sektoren.
Effektive und kohärente Gesetzgebung
Es herrschte Einigkeit darüber, dass die nächste Europäische Kommission ihre Priorität auf eine effektive und kohärente Gesetzgebung legen muss, um Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zu sichern. Ziel müsse sein, doppelte Regulierungen zu vermeiden, damit übermäßiger Bürokratieaufwand vermieden werde. Kai Zenner, Büroleiter des Europaparlamentariers Axel Voss, erklärte, dass der Schlüssel zur Bewältigung der zunehmenden Anzahl gut gemeinter, aber etwas inkohärenter digitaler Gesetze darin bestehe, zu den Prinzipien der „besseren Rechtsetzung“ zurückzukehren. Gleichzeitig müsse versucht werden, die verschiedenen neuen rechtlichen Rahmenbedingungen während ihrer Umsetzungsphase zu harmonisieren. Dieser Standpunkt wurde auch von Vincenzo Renda, Direktor für Binnenmarkt und digitale Wettbewerbsfähigkeit bei Digital Europe, unterstützt, der darauf hinwies, dass die EU von der Schaffung digitaler Vorschriften zu deren Harmonisierung und effektiven Umsetzung übergehen sollte.
Vor diesem Hintergrund werden die Entwicklung digitaler Kompetenzen, konsequentere Folgenabschätzungen und die Umsetzung technischer Standards von entscheidender Bedeutung sein, um die europäische Gesetzgebung in allen Sektoren fit für das digitale Zeitalter zu machen.