Fehlende Umsetzung der CSRD führt zu Rechtsunsicherheiten
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr in nationales Recht umgesetzt. Damit steigt die Rechtsunsicherheit für Unternehmen. Gleichzeitig hat die EU-Kommissionen angekündigt, die Anforderungen verschiedener Regulierungsstränge – inklusive CSRD – besser aufeinander abzustimmen.
Die nationale Umsetzung der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird aller Voraussicht nach nicht mehr in diesem Jahr erfolgen. Eigentlich sollte die CSRD bis Anfang Juli 2024 auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Bereits Ende September hatte die EU-Kommission daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und 16 weitere Mitgliedsstaaten wegen fehlender Umsetzung der CSRD eingeleitet. Vor dem Hintergrund der aktuellen bundespolitischen Lage bleibt das weitere Vorgehen bezüglich des CSRD-Umsetzungsgesetzes unklar.
Fehlende Umsetzung führt zu Rechtsunsicherheit
Der GDV sowie zahlreiche weitere Vertreter/-innen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft hatten in den vergangenen Monaten vor einer Verzögerung der Umsetzung gewarnt. Auf die berichtspflichtigen Unternehmen und ihre Wirtschaftsprüfer/-innen kommen nun aller Voraussicht nach weitere Rechtsunsicherheiten zu. Ohne die nationale Umsetzung wird für das Geschäftsjahr 2024 statt der CSRD und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zunächst weiter die alte CSR-Richtlinie (gemäß den momentan geltenden §§ 289b bis 289e bzw. §§ 315b und 315c sowie § 340a Abs. 1a bzw. § 340i Abs. 5 sowie § 341a Abs. 1a bzw. § 341j Abs. 4 HGB) gelten. Dies hätte für Unternehmen folgende Konsequenzen:
- Für das Geschäftsjahr 2024 wären Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten zur nichtfinanziellen Berichterstattung nach CSR-Richtlinie verpflichtet.
- Diese Berichterstattung würde keiner externen (materiellen) Prüfungspflicht unterliegen. Vielmehr hätte der Abschlussprüfer lediglich (formell) zu prüfen, ob die nichtfinanzielle Berichterstattung erfolgt ist.
- Der Aufsichtsrat wäre weiterhin verpflichtet, die nichtfinanzielle Berichterstattung materiell zu prüfen. Der Aufsichtsrat könnte wie bisher freiwillig eine externe inhaltliche „Durchsicht“ der Berichterstattung in Auftrag geben.
In Fachkreisen wird derzeit diskutiert, ob und in welcher Form eine rückwirkende Anwendung denkbar wäre. Die komplizierten juristischen Diskussionen zeigen vor allem, in welch schwierige Lage die Politik die Unternehmen gebracht hat.
EU-Kommission will redundante Berichtspflichten abbauen
Am 8. November kündigte die alte und neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Omnibus-Initiative zum Abbau redundanter Berichtspflichten an. Die Initiative umfasst Regelungen aus der CSRD, der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und der EU-Taxonomie-Verordnung. Der Kommissionsvorschlag ist für die ersten 100 Tage der neuen Kommission vorgesehen und könnte damit bis Mitte März 2025 vorliegen.
GDV sieht Omnibus-Initiative als Chance
Der GDV fordert seit längerem eine Trendwende hin zu einer effizienten Regulierung und bewertet die Initiative daher grundsätzlich positiv. Der Vorstoß der Kommissionspräsidentin bietet die Chance, die Unternehmen spürbar zu entlasten. Der Abbau redundanter Berichtspflichten allein wird jedoch nicht ausreichen, um das Ziel der EU-Kommission – die Entlastung der Unternehmen von Berichtspflichten um 25 Prozent – zu erreichen.
Bereits heute sind die Berichtspflichten der CSRD und der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) nach interner Auswertung mit 167 bis 783 Datenpunkten sehr umfangreich. Statt einer weiteren Ausweitung der Berichtspflichten ist insgesamt eine stärkere Fokussierung auf steuerungsrelevante Nachhaltigkeitsinformationen erforderlich. Daher sollte die Entwicklung von branchenspezifischen ESRS vorerst ausgesetzt und zunächst eine Evaluierung der Berichterstattung nach den branchenübergreifenden ESRS durchgeführt werden. Dieser Zwischenschritt ist notwendig, um festzustellen, ob und wo zusätzlicher Informationsbedarf bei den jeweiligen Sektoren besteht. Insgesamt sollte auch die EU-Kommission der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) neue Prioritäten vorgeben, die zur Schärfung und Verbesserung der bestehenden branchenübergreifenden ESRS führen. Der gemeinsame ESG-Datenkatalog der deutschen Finanzwirtschaft bietet einen guten Ausgangspunkt für die Diskussion, welche Datenpunkte einen hohen Mehrwert liefern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ausbau von verhältnismäßigen Berichtspflichten, um kleine und mittlere Unternehmen zu entlasten.