Klimafolgenanpassung ist ein lohnendes Investment
Bis 2050 könnten Klimaschäden weltweit Billionen Euro kosten und den globalen Wohlstand bedrohen – so eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Investitionen in Anpassung und Schadensvermeidung werden noch wichtiger und sind häufig außerordentlich wirtschaftlich. Eine Studie des Swiss RE Instituts stellt das positive Nutzen-Kosten-Verhältnis verschiedener Anpassungsmaßnahmen gegen Überschwemmungen und Überflutungen heraus.
Die Welt befindet sich derzeit auf einem besorgniserregenden Kurs: Laut UN steuert die Weltgemeinschaft auf eine globale Erwärmung von 3,1 Grad Celsius zu. Der EU-Klimadienst Copernicus bestätigte kürzlich, dass seit einem Jahr in jedem Monat die in den Klimazielen von Paris als Grenze festgelegte Schwelle von +1,5 Grad erreicht oder überschritten wurde.
Klimawandel bedroht globalen Wohlstand
Eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht, schätzt die globalen Schäden durch den Klimawandel auf bis zu 38 Billionen Euro bis 2050. Klimaschäden können damit drastische Auswirkungen auf das Pro-Kopf-Einkommen haben. Laut der PIK-Studie müsste die Weltwirtschaft bis 2050 mit einem durch den Klimawandel bedingten Einkommensverlust von 19 Prozent rechnen. Besonders besorgniserregend seien die Einkommensverluste in gefährdeten Regionen wie Afrika und Südostasien, wo das Pro-Kopf-Einkommen um bis zu 22 Prozent sinken könnte. In Nordamerika und Europa könnte der Verlust bei bis zu 11 Prozent liegen. Die Studie reiht sich in wissenschaftliche Erkenntnisse ein, die die ökonomische Bedeutung von Klimaschutz und Klimaanpassung verdeutlichen. Im Frühjahr 2024 hatten die Europäischen Zentralbank (EZB) und das PIK eine Studie veröffentlicht, die den Einfluss steigender Temperaturen und Extremwetterereignisse auf die Inflation untersuchte. Laut dieser Studie könnte sich die Gesamtinflation bereits bis 2035 jährlich um 1,18 Prozentpunkte erhöhen. Besonders betroffen sind die Länder des globalen Südens, aber auch Europa und Deutschland spüren die Auswirkungen bereits heute.
Große Finanzierungslücke für Klimaanpassung auf globaler Ebene
Für Klimaanpassungen bestehen trotz Fortschritten auf globaler Ebene Finanzierungslücken zwischen 187 und 359 Milliarden Dollar pro Jahr, wie der UNEP Adaptation Gap Report („Come hell and high water“) zeigt. Um diese Lücke zu schließen, fordert der Bericht mit innovativen Ansätzen, die Anreize für Klimaanpassung zu erhöhen und zusätzliche Finanzmittel zu mobilisieren. Zu diesen innovativen Ansätzen zählt der Bericht auch versicherungsgebundene Instrumente. Beispielsweise könnten Versicherungsprämien für Haushalte oder Infrastruktur reduziert werden, wenn im Gegenzug Versicherungsnehmer Anpassungsmaßnahmen durchführen. Ein wichtiger Ansatzpunkt, um die Finanzierungslücke zu schließen, sind laut dem Bericht neue Formen der Partnerschaften und der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen, beispielsweise mit Kommunen, und dem Privatsektor.
Bedeutung von Klimafolgenanpassung nimmt weiter zu
Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) schätzt die klimabedingten Schäden in Deutschland bis zum Jahr 2050 auf 280 bis 900 Milliarden Euro. Je höher der Temperaturanstieg, desto stärker steigen auch die klimabedingten Schäden. Bei einem starken Klimawandelverlauf könnten allein die Schäden an Gebäuden und Infrastruktur auf bis zu 470 Milliarden Euro steigen. Vor diesem Hintergrund wird die Anpassung an den Klimawandel noch wichtiger, denn klimabedingte Schäden hängen auch stark von Umfang und Qualität zukünftiger Anpassungs- und Präventionsmaßnahmen ab.
Studie untermauert Wirtschaftlichkeit von Anpassungsmaßnahmen
Im November veröffentlichte das Swiss RE Institut eine Studie zum Nutzen-Kosten-Verhältnis von Hochwasserschutzmaßnahmen. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis (benefit cost ratio, BCR) vergleicht den Gegenwartswert des künftigen wirtschaftlichen Nutzens – diskontiert mit dem Zeitwert des Geldes – mit den Kosten der Anpassungsmaßnahme. Die Studienautor/-innen sehen das Nutzen-Kosten-Verhältnis als praktische, standardisierte Kennziffer, die Potentiale aufzeigen und Entscheidungsprozesse beschleunigen kann. Der richtige Mix an Maßnahmen zur Klimaanpassung hängt von vielen lokalen, geographischen Faktoren ab.
Bei Flussüberschwemmungen weisen Rückhalteflächen (BCR von 4) die höchste BCR auf und könnten die erwarteten jährlichen Hochwasserschäden in Europa um 75 Prozent reduzieren. Allerdings ist ihre Errichtung in Gebieten mit begrenztem Raum und schmalen Überschwemmungsarealen schwierig. Die Verstärkung bestehender Deiche gegen Flussüberschwemmung hat einen BCR von 2,8 und kann die Hochwasserschäden um 60 Prozent verringern. Ohne Anpassungsmaßnahmen könnten die prognostizierten jährlichen Schäden durch Küstenüberschwemmungen zwischen 2010 und 2080 um etwa das 150-fache steigen. Jede 1 Mrd. Dollar, die in den Aufbau der Widerstandsfähigkeit gegen Küstenüberschwemmungen investiert wird, kann zu einer Verringerung der Schäden um bis zu 14 Mrd. Dollar führen. Von den untersuchten Maßnahmen hat die Bepflanzung der Ufer als Küstenschutz mit 60 den höchsten BCR.
Klimaanpassung als Chance für Wirtschaft und Gesellschaft
Für Wirtschaft und Gesellschaft sind die Prävention und Anpassung an den Klimawandel von zunehmender Bedeutung und bieten vielfältige Chancen. Investitionen in Klimafolgenanpassung schützen die Kaufkraft und den Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten in Gegenwart und Zukunft. Erfolgreiche Präventionsmaßnahmen können zusätzlich die Selbstwirksamkeit von Bürger/-innen stärken und so Ängste und Sorgen vor den Folgen des Klimawandels abbauen. Die Versicherer haben ein ganzheitliches Konzept vorgelegt, um Klimarisiken zu reduzieren und um weiter umfassenden sowie bezahlbaren Versicherungsschutz anbieten zu können.