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Regulierung

Dornige Chancen – Versicherer rüsten sich für CSRD-Berichterstattung

Die gesetzeskonforme und prüfungsfeste Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt Versicherer wie viele andere Unternehmen vor Herausforderungen. Über Anregungen für und Einblicke in die Praxis auf der zweiten GDV-Fachtagung, Erleichterungen beim LkSG-Bericht und die Entwicklungen bei EFRAG und ISSB.

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© t_kimura / Getty Images

MAIG, Datapoints, LSME, IAP, XBRL Taxonomy, VCIG und VSME… die stetig länger werdende Liste der Abkürzungen und Akronyme kündet vom nicht immer einfachen Reifungsprozess des neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Über zentrale Herausforderungen und Fortschritte bei der Umsetzung der CSRD-Berichtspflichten diskutierten über 120 Expertinnen und Experten bei der zweiten GDV-Fachtagung zum Sustainability Reporting Ende April. Der GDV informierte auf der Tagung unter anderem über die zentralen Positionen der Versicherer zum deutschen Referentenentwurf zur CSRD-Umsetzung.  

Pionierarbeit für Vergleichbarkeit und Impact-Bewertung

Das Fazit aus den Vorträgen und Diskussionen zur Wesentlichkeitsanalyse, zum Umgang mit Insurance Associated Emissions und nach Praxisberichten zur Umsetzung der CSRD lautet: Für Unternehmen und Wirtschaftsprüfer ist die Umsetzung eine Herkulesaufgabe. Die CSRD und die 12 European Sustainability Reporting Standards (ESRS) entfalten eine hohe Komplexität. Unternehmen müssen jährlich zwischen 190 und 823 Datenpunkte berichten. Es besteht die Gefahr, dass Berichte unnötig aufgebläht werden. Während die berichtenden Unternehmen dadurch eine Check-Listen-Mentalität entwickeln könnten, hätten Datennutzer, wie beispielsweis Investoren, mit einer Informationsflut (information overload) zu kämpfen. Aus Sicht der Versicherungsbranche gibt es bei der Effizienz der Regulierung noch viel Luft nach oben. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollte sich auf weniger, aber dafür aussagekräftige Kennzahlen konzentrieren, die die wichtigsten Wirkungskanäle (impact) messen und bei denen eine gewisse Möglichkeit zur Einflussnahme oder Steuerung besteht. 

In Versicherungsunternehmen ist aktuell Pionierarbeit gefragt. Sie können erst bei wenigen ESG-Themen auf etablierte Berichtsprozesse und -formate zugreifen. Oft fehlen die Daten und Methoden, um die Inhalte abbilden zu können. Und auch beim Engagement mit den Versicherten – insbesondere im Gewerbebereich – werden Unternehmen neue Wege finden müssen. Beim Einblick in die Umsetzungsprojekte wurde zudem klar: Aussitzen kommt nicht in Frage, denn der Countdown für die ersten CSRD-Berichte läuft. Aus Sicht der Praktiker/-innen gehe es darum, die CSRD-Berichte als Chance für das Unternehmen zu begreifen statt lediglich die regulatorischen Anforderungen erfüllen wollen. Eine klare Strategie, Unterstützung durch die Vorstandsebene und frühzeitige Einbindung des Wirtschaftsprüfers sind weitere wichtige Erfolgsfaktoren.

BAFA prüft erste LkSG-Berichte später

Unterdessen wurde ein sinnvoller Schritt zur Entlastung der Unternehmen umgesetzt, den der GDV im Zuge der deutschen CSRD-Gesetzgebung vorgeschlagen hatte: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat auf seiner Website angekündigt, erst zum Stichtag 1. Januar 2025 die Veröffentlichung der Berichte nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zu überprüfen. 

Ursprünglich sollten die Berichte über das Geschäftsjahr 2023 bereits zum 31. Mai 2024 geprüft werden. Der Gesetzentwurf zur CSRD-Umsetzung will doppelte Berichtspflichten vermeiden und sieht daher vor, dass Unternehmen den LkSG-Bericht durch den Nachhaltigkeitsbericht ersetzen können. Das soll auch schon für Geschäftsjahre gelten, die vor dem 1. Januar 2024 begonnen haben. Mit seiner Verlautbarung hat das BAFA eine pragmatische Lösung dafür gefunden, dass die geplanten Erleichterungen vom Bundestag erst noch verabschiedet werden müssen. 

EFRAG arbeitet an ESRS-Umsetzungshinweisen

Der Europäische Standardsetzer EFRAG fokussiert sich weiter darauf, Hilfestellungen (Implementation Guidance) für das Reporting zu erarbeiten. Mit einer neu angekündigten Implementation Guidance zu Transitionsplänen will EFRAG erläutern, welche Themen in diese Pläne aufgenommen und wie sie in die Berichte gemäß ESRS E1 integriert werden sollen. Für den dringend nötigen Praxisbezug interviewt EFRAG in den nächsten Monaten CSRD-berichtspflichtige Unternehmen aus allen Sektoren. im Sinne einer pragmatischen Lösung sollte darauf geachtet werden, dass durch die Implementation Guidance keine zusätzlichen Datenpunkte entstehen. Anfang 2024 hatte EFRAG bereits drei Implementation Guidances für die branchenübergreifenden ESRS konsultiert. Die finalen Dokumente wurden noch nicht veröffentlicht. 

Verzahnung von europäischem und internationalem Reporting 

Schließlich sollen für Unternehmen, die sowohl die Regeln des International Sustainability Standards Board (ISSB) als auch die ESRS anwenden, Komplexität, Fragmentierung und Duplizierung der Nachhaltigkeitsreports reduziert werden. EFRAG und ISSB haben dafür Anfang Mai 2024 eine ESRS-ISSB Standards Interoperability Guidance veröffentlicht. Der Leitfaden soll die hohe Übereinstimmung zwischen den europäischen und internationalen Standards verdeutlichen. 

Zuvor veröffentlichte der ISSB am 30. April 2024 seine digitale Sustainability Disclosure Taxonomy, die Investoren bei der effizienten Analyse von Nachhaltigkeitsinformationen unterstützen soll. Mit der Nachhaltigkeitstaxonomie des ISSB sollen Stakeholder leichter nach nachhaltigkeitsbezogenen Finanzinformationen suchen, sie extrahieren und vergleichen können.