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Konjunktur & Märkte

Versicherer begrüßen Kommissionsstrategie für besseres Krisenmanagement in Europa

Die EU-Kommission hat heute ihre Strategie für eine sogenannte EU Preparedness Union vorgestellt, einen umfassenden Fahrplan, um Europa krisenfester zu machen. So sollen die Mitgliedstaaten besser auf künftige Krisen, wie Pandemien, Sicherheit, Cyberangriffe und Naturkatastrophen vorbereitet sein. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßt diesen Schritt ausdrücklich und fordert auch in Deutschland wirksame Maßnahmen, um das Land krisenfest aufzustellen.

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© picture alliance/dpa | Oliver Berg

Das Nationale IT-Lagezentrum im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die europäischen Mitgliedstaaten sollen auch auf Cyberangriffe besser vorbereitet sein.

„Die Strategie kommt zur richtigen Zeit”, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. „Wachsende Risiken erfordern klare Antworten. Wir brauchen mehr Vorsorge, um Europas Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.“ Künftige Bedrohungen wie Pandemien, Cyberangriffe, geopolitische Spannungen oder Naturkatastrophen müssen systematisch angegangen werden. „Wer Europas Freiheit, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit sichern will, muss jetzt in Resilienz investieren“, so Asmussen.

Aus Sicht des GDV ist es gut, dass die EU ihre Strategie mit konkreten Maßnahmen und finanziellen Mitteln unterlegt. Dazu zählen unter anderem Mindeststandards für kritische gesellschaftliche Funktionen wie Gesundheitswesen, Verkehr oder Kommunikation sowie Investitionen in sogenannte dual-use-Technologien. Entscheidend ist jetzt ein starker Schulterschluss von Politik und Wirtschaft. Versicherer bringen dabei ihre langjährige Expertise ein – von der Risikobewertung über Prävention bis zum Wiederaufbau nach Katastrophen. Dass die Kommission Versicherungen ausdrücklich als Teil der gesellschaftlichen Vorsorge nennt, unterstreicht diese Rolle zusätzlich.

Cyber: Der Schutz der Wirtschaft ist Voraussetzung für Stabilität

Besonderen Nachholbedarf sieht der GDV im Bereich Cyberrisiken. „Zwei Drittel der 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland sind so schlecht gegen Cyberangriffe geschützt, dass sie kaum versicherbar sind. Das birgt ganz konkrete Risiken für Lieferketten und ganze Branchen. Wir müssen gemeinsam mit der Politik neue Wege finden, um die drohenden Schäden abzufedern”, so Asmussen. Der Schutz der Wirtschaft gegen Cyberangriffe ist eine zentrale Voraussetzung für Wachstum, Stabilität und Zukunftsfähigkeit. Gerade angesichts der steigenden Zahl an Cyberangriffen nicht zuletzt aus Russland, muss die nächste Bundesregierung hier dringend wirksame Konzepte vorlegen. Dass die Kommission eine öffentlich-private Taskforce plant und Notfallprotokolle mit Unternehmen etablieren will, ist ein richtiger Schritt.

Naturgefahren: Klimafolgen anpacken, Schäden verhindern

Auch beim Umgang mit Naturgefahren sieht der Verband Handlungsbedarf, auf nationaler, als auch auf europäischer Ebene. Jörg Asmussen: „Der Klimawandel schreitet voran, verursacht schon heute Schäden in Milliardenhöhe. Wenn die Klimaanpassung weiter so schleppend vorangeht, werden Schutz und wirtschaftliche Folgen irgendwann unbezahlbar”. Der GDV fordert einen ganzheitlichen Ansatz von entschiedener Prävention bis zu klaren Regeln beim Planen, Bauen und Sanieren. Besonders wichtig ist der Schutz kritischer Infrastrukturen und die gezielte Anpassung an den Klimawandel, wie sie auch in der EU-Strategie angelegt ist.

Resilienz und Krisenprävention stärken - in Brüssel und Berlin

Angesichts der großen Herausforderungen ist es richtig, dass Brüssel nun vorlegt – und Berlin sollte nachziehen. Es ist gut, dass mit dem Aktionsplan der EU-Kommission auch die Bevölkerung stärker für Krisenvorsorge sensibilisiert werden soll – etwa durch Initiativen wie einen jährlichen EU Preparedness Day oder die Integration von Selbstschutzmaßnahmen in den Unterricht. Krisenvorsorge ist nicht länger ein rein nationales Thema. Der Niinistö-Bericht, auf dem die vorgelegte Strategie basiert, hat deutlich gemacht: Resilienz ist eine gemeinsame europäische Aufgabe. Krisenvorsorge darf kein Randthema sein, sondern gehört ins Zentrum des Regierungshandelns, um Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit zu stärken.

Die Strategie umfasst 30 konkrete Maßnahmen und einen detaillierten Aktionsplan mit dem Ziel, eine „Vorsorge-Kultur" in allen Politikbereichen der EU zu verankern.

Kernpunkte der Strategie:

  • Schutz kritischer gesellschaftlicher Funktionen - Mindeststandards für wichtige Dienste wie Gesundheitswesen, Schulen, Verkehr und Kommunikation, Ausbau von Notfallreserven und Anpassung an den Klimawandel.
  • Bevölkerung sensibilisieren - Förderung von Selbstschutzmaßnahmen (z.B. Notvorräte für 72 Stunden), Integration von Krisenvorsorge in den Unterricht und Einführung eines jährlichen EU Preparedness Day.
  • Bessere Krisenkoordination - Aufbau eines EU-Krisenzentrums, das die bestehenden Strukturen besser vernetzt.
  • Zivil-militärische Zusammenarbeit stärken - regelmäßige EU-weite Übungen, Förderung von Investitionen in dual-use Technologien.
  • Risiko- und Bedrohungsanalysen verbessern - um Krisen wie Naturkatastrophen oder hybride Angriffe frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen.
  • Zusammenarbeit mit der Wirtschaft – Aufbau einer öffentlich-privaten Taskforce und Notfallprotokolle mit Unternehmen, um Lieferketten und kritische Produktionen abzusichern.
  • Internationale Partnerschaften vertiefen - zum Beispiel mit der NATO in den Bereichen Cybersicherheit, Klimaschutz, Verteidigung und neue Technologien.

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