Klimaschutz lohnt sich – Vermiedene Klimaschäden übersteigen Investitionskosten deutlich
Klimaschutz ist nicht nur ökologisch notwendig, sondern lohnt sich auch wirtschaftlich. Investitionen in die Energiewende können durch vermiedene Klimaschäden mehr als ausgeglichen werden. Zu diesem Ergebnis kommt der wissenschaftliche Ariadne-Report, der untersucht, wie die deutsche Energiewende kosteneffizient gestaltet werden kann.

Eine klimaneutrale Zukunft ist machbar und wirtschaftlich, wenn man es richtig anstellt. Zu diesem Ergebnis kommt der Ariadne-Report zum Thema „Energiewende kosteneffizient gestalten“. An dem Bericht haben insgesamt 27 Forschungseinrichtungen mitgewirkt, unter anderem das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft .
Laut des Berichts betragen die notwendigen Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 durchschnittlich 116 Mrd. bis 131 Mrd. Euro pro Jahr. Davon sind jedoch bereits 95 Mrd. Euro pro Jahr durch bestehende Maßnahmen vorgesehen, sodass der zusätzliche Finanzierungsbedarf begrenzt ist. Um die Lücke zu schließen, sind zusätzliche Investitionen von 0,4 bis 0,7 Prozent der aktuellen Wirtschaftsleistung (16 Mrd. bis 26 Mrd. Euro pro Jahr) erforderlich. Dadurch können Klimaschäden von bis zu 38 Mrd. Euro pro Jahr bis 2045 vermiedene werden. Insgesamt sind die zusätzlich vermiedenen Klimaschäden deutlich höher als die Mehrkosten der zusätzlichen Investitionen.
Szenarienvergleich zeigt effiziente Transformationspfade auf
Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Energiewende abzubilden, untersuchen und vergleichen die Forschenden verschiedene Szenarien zur Klimaneutralität bis 2045. Die Szenarien beschreiben Transformationspfade, die sich in ihrer technologischen Ausrichtung, im Energieverbrauch und ihrer Kostenstruktur unterscheiden. Der Vergleich dieser Szenarien ermöglicht es, die effizientesten Wege zur Klimaneutralität zu identifizieren und zu bewerten, welche Maßnahmen die besten Kosten-Nutzen-Verhältnisse bieten.
Die fünf analysierten Szenarien sind:
- Technologiemix: Kombination aus Elektrifizierung und Wasserstoffnutzung zur Optimierung der Kosten.
- Fokus Strom: Maximale Elektrifizierung mit hoher Verbreitung von E-Fahrzeugen und Wärmepumpen.
- Fokus Wasserstoff: Starker Einsatz von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen zur Dekarbonisierung schwer elektrifizierbarer Bereiche.
- Niedrige Nachfrage: Ambitionierte Einsparungen durch Effizienzmaßnahmen, Verhaltensänderungen und verstärkte politische Maßnahmen.
- Hohe Nachfrage: Langsame Transformation mit höherem Energieverbrauch aufgrund geringerer Akzeptanz und geringeren regulatorischen Eingriffen.
Jedes Szenario wird mit dem Szenario „Existierende Politiken“ verglichen, welches die bis heute beschlossenen Maßnahmen zur Klimaneutralität widerspiegeln. Zusätzlich werden die Szenarien mit dem Szenario „Referenz 2020“ verglichen, welches lediglich die bis 2020 implementierten Klimapolitiken betrachtet. Bei beiden Szenarien reichen die bis zu dem Zeitpunkt beschlossenen Maßnahmen nicht aus, um das Ziel der Klimaneutralität 2045 zu erreichen. So werden für jeden der Transformationspfade die zusätzlichen Kosten und Nutzen gegenüber diesen Szenarien ermittelt.
Gezielter Einsatz von Wasserstoff und E-Fuels steigert Effizienz
Das Technologiemix-Szenario ist im Vergleich mit den anderen Szenarien der kosteneffizienteste Transformationspfad. Denn hier werden Wasserstoff und E-Fuels nur dort eingesetzt, wo die Nutzung von Strom aus Erneuerbaren Energien nicht möglich ist. Das spart Kosten, da mittel- und langfristig Strom deutlich günstiger ist als Wasserstoff. Der Bericht schätzt, dass die Produktionskosten für grünen Wasserstoff bei 156 Euro/MWh im Jahr 2030 liegen. Im Vergleich dazu wird der Strompreis am Großhandelsmarkt deutlich günstiger sein und sich langfristig bei 70 bis 80 Euro/MWh einpendeln. Falls Wasserstoff doch breiter als nötig eingesetzt wird, könnten die Klimaschutzmehrkosten auf 31 Mrd. bis 34 Mrd. Euro pro Jahr ansteigen.
Handlungsempfehlungen für effizienten Klimaschutz
Damit die Energiewende effizient und sozial verträglich gelingt, formuliert der Report mehrere zentrale Empfehlungen:
- Flexibilisierung des Stromsystems: Durch variable Stromtarife, intelligente Netzentgelte und Steuerungssysteme kann das Stromnetz stabil gehalten werden.
- Koordinierter Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur: Eine enge Zusammenarbeit mit europäischen Partnern ist notwendig, um Wasserstoff effizient in die Energieversorgung zu integrieren.
- Gezielte Förderpolitik: Subventionen sollten sich auf soziale Härtefälle konzentrieren, um ungerechtfertigte Mitnahmeeffekte zu vermeiden.
- Transformation der Industrie: Besonders energieintensive Branchen wie die Stahl-, Zement- und Chemieindustrie müssen schnell auf klimafreundliche Prozesse umgestellt werden. Grüner Wasserstoff spielt dabei eine Schlüsselrolle.
University of Cambridge und Boston Consulting Group: Nettokosten der Untätigkeit sichtbar machen
Eine gut gesteuerte Transformation schützt nicht nur die Umwelt, sondern bringt langfristig enorme wirtschaftliche Vorteile. Eine neue Studie der University of Cambridge und der Boston Consulting Group beziffert die „Nettokosten der Untätigkeit“ auf 11 bis 27 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung bis 2100. Die Studie empfiehlt Zentralbanken und explizit Versicherern, die Kosten eines unzureichenden Klimaschutz offenzulegen und gegenüber Politik, Verbrauchern und Unternehmen klar zu kommunizieren.