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Nachhaltigkeit

Auf dem Weg zur Klimaneutralität – keine CO2-Entnahme ist auch keine Lösung

Die Bundesregierung hat eine Carbon-Management-Strategie auf den Weg gebracht. Auch die EU setzt auf die CO2-Speicherung, um ihre Klimaziele zu erreichen.

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© Kyle Glenn / Unsplash

Zur Dekarbonisierung der Wirtschaft gehören auch technische Verfahren, mit denen CO2 aufgefangen wird, bevor es in die Atmosphäre kommt oder mit denen es der Atmosphäre wieder entzogen wird. Diese Verfahren sind notwendig, um die Pariser Klimaziele zu erreichen – das ist in der wissenschaftlichen Community mittlerweile Konsens. Dabei hat die CO2-Entnahme gleich drei wichtige Funktionen für den Klimaschutz: Erstens kann sie die Bemühungen zur Emissionsminderung ergänzen. Zweitens kann sie schwer zu vermeidende Restemissionen kompensieren. Drittens werden Entnahmen für Netto-Negativ-Emissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts benötigt, um die globale Durchschnittstemperatur perspektivisch wieder senken zu können. Modellrechnungen gehen davon aus, dass in der EU bis 2030 eine jährliche Speicherkapazität von 50 Millionen Tonnen CO2 benötigt wird, etwa 280 Millionen Tonnen sind es schon bis 2040 und 450 Millionen Tonnen bis 2050. 

Bundesregierung stellt Carbon Management-Strategie vor 

Für ein recht umstrittenes Entnahme- bzw. Auffang-Instrument entwickeln die EU und die Bundesregierung nun die Rahmenbedingungen – Carbon Capture and Storage (CCS) bzw. Utilization (CCU). In der Ende Februar veröffentlichten deutschen Carbon Management-Strategie stellt die Bundesregierung fest, dass „bereits ab 2030 CO2 in relevanten Mengen abgeschieden und gespeichert oder weitergenutzt werden muss, damit die Klimaneutralität bis 2045 erreichbar ist.“ Insbesondere Industrien, deren Emission schwer vermeidbar sind, sollen CCS und CCU nutzen können. Zu diesen Industrien gehören beispielsweise die Grundstoffchemie, die Zement- und Kalkindustrie. Für die Stromerzeugung aus Biomasse und Gas soll die Technologie ebenfalls verfügbar gemacht werden. Kohlekraftwerke sollen ausdrücklich keinen Zugang zu CO2-Pipelines erhalten.  

Für einen zügigen Hochlauf verschiedener Technologien zwecks CCS und CCU braucht es passende Rahmenbedingungen, die mit der nun vorgelegten Carbon Management-Strategie auf Grundlage eines Stakeholder-Dialogs definiert wurden. Die Bundesregierung kündigt weitere Konkretisierungen im Laufe des Jahres an. Dazu gehört der Bau von CO2-Pipelines in privater Trägerschaft. Für die dauerhafte Speicherung sollen Lagerstätten Offshore erschlossen werden. Eine Lagerung an Land bleibt allgemein ausgeschlossen, allerdings können einzelne Bundesländer die onshore-Speicherung initiieren. Mit der Reform des Kohlenstoffspeichergesetzes werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür derzeit geschaffen.  

EU-Strategie und Zertifizierungsrahmen für CO2 beschlossen 

Auch die EU arbeitet an Rahmenbedingungen für die Entnahme und Speicherung von CO2. Die Maßnahmen werden im Zuge der „Industriellen CO2 Management Strategie“ koordiniert, die die EU-Kommission im Februar 2024 veröffentlicht hatte. Die Strategie zielt darauf ab, dass zunächst die nötigen Speicher- und Transportkapazitäten geschaffen werden. Bis 2040 soll ein funktionierender Markt entstehen, in dem bis zu einem Drittel des zurückgehaltenen CO2 verwendet wird. Ab 2040 soll der CO2-Bedarf der Industrie, beispielsweise für synthetische Kraftstoffe, hauptsächlich aus biogenem oder atmosphärischem CO2 gestillt werden.

Ergänzend zu der EU-Strategie hatte das Europäische Parlament im April 2024 den ersten einheitlichen Rechtsrahmen abgesegnet, um anhand von Qualitätszertifikaten eine hochwertige Speicherung von CO2 zu fördern – das sogenannte Carbon Removal Certification Framework (CRCF). Die Abgeordneten beschlossen Kriterien für Zertifikate auf eingespeichertes Kohlendioxid, mit denen landwirtschaftliche Betriebe und Industrieunternehmen künftig auf dem freiwilligen CO2-Markt handeln könnten. Das Rahmenwerk soll die Qualität und Transparenz der CO2-Speicherung erhöhen und so den freiwilligen CO2-Markt stärken. Während die industrielle CO2-Strategie in das verpflichtende europäische Emissionshandelssystem (EU ETS) eingebunden ist, können CRCF zertifizierte CO2-Entnahmen nicht darin gehandelt werden. 

Langfristigkeit und Verlässlichkeit der Speicherung als wichtig Herausforderung 

Die Kriterien sollen unter anderem sicherstellen, dass die Menge der CO2-Entnahmen korrekt angegeben wird und das CO2 langfristig (für mindestens 35 Jahre) gespeichert wird. Umwelt-NGOs hatten die Anforderung als teilweise zu schwach kritisiert. Des Weiteren fordern sie, die CO2-Minderung und CO2-Entnahme deutlich voneinander abzugrenzen. Es bestehe die Gefahr, dass verminderte CO2-Emissionen auf dem freiwilligen CO2-Markt als entnommenes CO2 gehandelt würden.

Zentrale Herausforderung bei CCS, CCU und anderen Formen der CO2-Verwendung sind die Langfristigkeit und Verlässlichkeit der CO2-Bindung. Sie kann je nach Technologie variieren und unterschiedliche Risiken beinhalten. Für technische Verfahren sollen berechtigterweise hohe Sicherheitsanforderungen gelten. Für Versicherer stellt sich die spannende Frage, inwiefern die mit der kommerziellen Nutzung dieser Technologien verbundenen Haftpflicht-Risiken versicherbar wären. 

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