GDV-Chefökonomen-Talk zur aktuellen Lage: „Die Unsicherheit bleibt hoch“
Die führenden Ökonomen der deutschen Versicherungswirtschaft sehen in der künftigen Handelspolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump die größte Herausforderung für die europäische und insbesondere die deutsche Wirtschaft.
„Der Wahlsieg von Trump bedeutet eine echte Zäsur“, sagte Michael Menhart, Chefökonom der Munich Re, in einer auf der GDV-Internetseite übertragenen Live-Diskussion. Entscheidend werde sein, wie sich die Politik der neuen US-Regierung auf den Welthandel auswirke, ob es zu einer Konfrontation mit China komme und sich die geopolitischen Spannungen erhöhen. „Die Unsicherheit bleibt daher hoch“, so Menhart.
Ähnlich äußerte sich Swiss-Re-Chefökonom Jérôme Haegeli. Er sieht die USA mit einem Wachstum von 2,8 Prozent im dritten Quartal zwar auf einem guten Weg. „Der US-Wirtschaft geht es besser als der Eurozone“, so Haegeli. Die zu erwartenden Einfuhrzölle könnten aber die Inflation wieder anheizen, die aus seiner Sicht das entscheidende Thema bei der Präsidentschaftswahl war. „Es bleibt extrem spannend, auch wenn die Perspektiven für die US-Wirtschaft grundsätzlich gut sind“, sagte Haegeli beim Chefökonomen-Talk, der von GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen moderiert wurde.
Mit Blick auf die wirtschaftliche Situation in Deutschland nach dem Bruch der Ampelkoalition machte sich Allianz-Chefvolkswirt Ludovic Subran für eine Aufhebung der Schuldenbremse stark. „Die Schuldenbremse ist von Natur aus dumm“, so Subran. Stattdessen brauche es eine progressive Reform der Schuldenbremse, wie sie auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung vorgeschlagen hat. Menhart erklärte, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hinke der anderer Länder hinterher, darunter zum Beispiel China beim Autobau. Gründe dafür seien hohe Arbeitskosten, die steuerliche Belastung der Unternehmen und bürokratische Hemmnisse.
Eine neue Bundesregierung müsse die Investitionsschwäche angehen und das Arbeitsangebot erhöhen, so Menhart. Er schränkte ein: „Schnelle Lösungen wird es aber nicht geben.“ Haegeli sieht aufgrund der politischen Unsicherheit vor allem ein Vertrauensproblem der Konsumenten. Das zeige sich an der hohen Sparquote von rund 20 Prozent. Vor diesem Hintergrund regte Subran eine Senkung der Einkommensteuer an und forderte Anreize, damit sich längeres Arbeiten lohne.